Digitalisierung: Time to invest
Im Frankfurter Deutsche Bank Park kamen in diesem Jahr die Fachleute der Branche im Rahmen des eps ARENA SUMMIT unter dem Motto „Time to Invest“ zusammen. Eines der Themen im Fokus: Digitalisierung.
Die Digitalisierung hält weiter in Venues auf der ganzen Welt Einzug und bringt immer neue Möglichkeiten mit sich. Auch in den Vorträgen und Diskussionsrunden des eps ARENA SUMMIT wurde ihre Bedeutung deutlich. Die Netzwerkstruktur und Hardware in Stadien, die Monetarisierung von Prozessen, oder die An- sowie Abreise zu Großevents waren unter anderem Themen in Frankfurt.
Netzwerktechnik: Basis des Erfolgs
Grundvoraussetzung für die Digitalisierung der Sportvenues ist vor allem ein stabiles Netzwerk. Erstmalig hat in diesem Jahr mit Media Broadcast – der wohl größte Service Provider der deutschen Rundfunk- und Medienbranche – das Konzept privater 5G-Netze auf dem eps ARENA SUMMIT vorgestellt. Der Vorteil von privaten 5G-Netzen gegenüber herkömmlichen Netzwerksystemen liegt laut Daniel Wolbers, Projektleiter 5G Campusnetze von Media Broadcast, unter anderem in der Kosteneinsparung. So habe die Ausleuchtung des Deutsche Bank Parks für den eps ARENA SUMMIT lediglich eine Gebühr von 140 Euro gegenüber der Bundesnetzagentur gekostet.
Die Möglichkeiten, die aus den geringen Latenzzeiten sowie der Echtzeitübertragung resultieren, reichen von der Abwicklung von TV-Übertragungen bis zum Einsatz von Augmented-Reality. Das bereits in der Praxis – unter anderem während des ADAC TotalEnergies 24h-Rennen am Nürburgring – erprobte System, kann laut Wolbers unter Einsatz einer einzigen Antenne ein gesamtes Stadion mit 5G versorgen und individuell an die Nutzerwünsche in puncto Download- oder Upload-Priorität angepasst werden.
Nichtsdestotrotz spielt auch der traditionelle Aufbau von Daten-Netzwerken unter der Nutzung von WiFi-Verbindungen weiterhin eine große Rolle in der Sport- und Entertainmentbranche. CS Networks hat hierzu gemeinsam mit ihrem Partner Commscope die Vorteile von WiFi-Netzwerken und die zukünftige Entwicklung in diesem Bereich vorgestellt. Thierry Chau, Vice President WW Market Development bei Commscope ist der Meinung, dass beide Netzwerksysteme auch zukünftig weiter benötigt werden, da seit der Corona-Pandemie ein Wandel im Besucherverhalten von Sportvenues stattgefunden habe: Mittlerweile sei die Nutzung von kontaktlosen Bezahlsystemen oder digitalen Ticketsystemen weit verbreitet, was zu einem sprunghaften Anstieg der Datenmenge führte. Zudem verschärft sich die Konkurrenzsituation der Venues mit den TV-Anstalten durch das steigende Angebot an Zusatzinformationen über die Fernsehkanäle. Beispielsweise sollen Spieldaten und Live-Statistiken zukünftig auch Teil des Stadionerlebnisses werden.
Neue Möglichkeiten durch 5G-Netzwerke
Mit der Installation von 5G-Netzwerken in Stadien werden den Betreibern neue Möglichkeiten eröffnet. Peter Hoffmann, Senior Business Development Manager bei VITEC, verfolgt bei seiner Arbeit die Intention, dass Live-Events die Fans nachhaltig binden sollen. Stadionbetreiber und Gäste würden davon profitieren, dass die Latenz des Internets sowie die Technik in den Stadien kontinuierlich verbessert werde.
Auf Nachfrage ergänzt Peter Hoffmann, wo er die Unterschiede zwischen den Digitalisierungsprozessen in Deutschland und den USA sieht: „Unser Eindruck zur Digitalisierung in deutschen Arenen & Stadien ist fortschreitend positiv und erfährt derzeit eine Art von Beschleunigung. Im Vergleich zu Projekten, die bereits in den USA umgesetzt wurden und bezogen auf kreativ eingesetzte Video-Lösungen, liegen wir hier (allerdings) um Jahre zurück. Der Stadion-Besuch in den USA ist in der Regel ein Familien-Ereignis mit langer Verweildauer, daher auch die Notwendigkeit Attraktivität und Unterhaltung über diesen Zeitraum bereitzustellen. Als Nebeneffekt wird eine Monetarisierung der Medieninhalte angestrebt. In Deutschland haben wir alle Möglichkeiten das Fan-Erlebnis durch den gezielten Einsatz von IPTV- und Digital-Signage-Lösungen weiterzuentwickeln. Eine kürzere Verweildauer bei Fußball-Events und die daraus resultierende, geringere Monetarisierung gilt es zu kompensieren. Es fehlt uns lediglich an etwas mehr Kreativität, Live-Events beeindruckend und nachhaltig für Stadionbesucher in Szene zu setzen.“
Die IPTV-Plattform VITEC sei darüber hinaus sowohl für Distribution als auch für Kontribution wichtig. Einzelne Fans und Logen-Inhaber können persönlich angesprochen werden und ihre Matchday-Experience so selbstständig verbessern. Die Qualität sei dabei entscheidend, mithilfe von 5G-Netzen müsse es in Stadien gänzlich möglich sein mit einem sicheren und zuverlässigen Netz zu arbeiten.
Die Unterschiede zwischen den besagten Fans in beispielsweise den USA und Deutschland sind dabei signifikant. Mark Robison, VP Sales & Sport Entertainment bei VITEC betont, dass die Stadien und Arenen in den USA – vor allem die, die jünger als fünf Jahre sind – teilweise eher einer Shopping-Mall als einer Sport-Austragungsstätte gleichen. Die Venues seien bei ihrer Bauweise eher auf die Demografie der Kunden ausgelegt. Durch eine Vielzahl an Bildschirmen und neuen Möglichkeiten der Steuerung können die aktuellen Spielorte der US-Top-Clubs neue Flächen für Werbung und eine Premium-Vermarktung vorweisen.
Digital Signage: Mehr als nur Displays
In diesem Punkt spielt zusätzlich auch die Art der Screens eine elementare Rolle. Die Perfect Media Solution (PMS) GmbH hat so beispielsweise im neuen Europa-Park Stadion in Freiburg für die visuellen Werbe- und Darstellungsmöglichkeiten gesorgt. Insgesamt hat Stefan Pagenkemper, als Geschäftsführer des Unternehmens mitunter herausgestellt, dass die Bildschirme von der Firma selbst hergerstellt werden.
Über 10.000 Bildschirme sind unter anderem in den Stadien des SC Freiburg, des FC St. Pauli, oder des 1. FC Heidenheim verbaut. Die PMS GmbH gehe bei der Produktion auf die Bedürfnisse der Kunden ein, darunter beispielsweise den Brandschutz. Der „Marktführer in Deutschland für Digitalisierung in Stadien“ sei darüber hinaus kein „Karton-Geschäft“ sondern ein „Full-Service-Provider“, betont Pagenkemper weiter. Die PMS GmbH ist von der Herstellung der Bildschirme über die Installation bis hin zur Reparatur für die Monitore verantwortlich.
Gamechanger Automatismus?
Inwiefern durch eine Weiterentwicklung der Digitalisierung in der gesamten Sportbranche auch monetäre Erfolge erzielt werden können, war Thema des Forums „Mehr Amazonthinking im Sport?“ In einem gemeinsamen Vortrag von Prof. Dr. Dirk Mazurkiewicz, CEO der Plattform Venue Manager Germany und DACH sowie Paul Gerbes, Senior Partner-Manager des E-Commerce-Dienstes Unzer, wurden vor allem die Vorteile von auf Nutzerdaten-basierten Automatismen im Zusammenspiel verschiedener Vertriebskanäle beleuchtet. Entscheidend in diesem Zusammenhang sei laut Dirk Mazurkiewicz die Gewinnung der Kundendaten, die über eine möglichst hohe Anzahl an Kunden-Kontaktpunkten mit den Clubs gewonnen werden können. Essenziell sei darüber hinaus, dass die Daten letztlich auch beim Club ankommen. Die von der Unzer GmbH angebotenen White-Label-Lösungen sorgen nicht nur in diesem Bereich für Abhilfe, sondern stärken gleichzeitig auch die Kundebindung. Als grundsätzliches Ziel beschreibt Paul Gerbes die Verbesserung des Zuschauererlebnisses, indem „Technologie und Daten“ kombiniert werden.
Verbessert werden kann die Customer Experience laut Gerbes in erster Linie durch die Verknüpfung der verschiedenen Vertriebskanäle und einem möglichst breiten Angebot in diesem Bereich. Wie weit die Digitalisierung beim SV Wehen Wiesbaden schon fortgeschritten ist, stellte Marc Schmidt, Leiter des Zuschauerservices des Clubs, in einer Gesprächsrunde vor. Entscheidend für die Frage, welche Ausmaße der Digitalisierungsprozess annehmen sollte, ist laut Schmidt auch die Frage nach dem, was die Fans eigentlich wollen. Der Club versuche daher immer mit dem Trend der Fans zu gehen, denn Schmidt ist auch der Ansicht: „Wir müssen digital werden, aber nicht um jeden Preis!“ Dabei spiele vor allem die Altersstruktur der Anhänger eine Rolle, da gerade ältere Club-beispielsweise dem Thema digitalen Ticketing teilweise skeptisch gegenüberstehen.
Dirk Mazurkiewicz sieht in diesem Zusammenhang deutliche Unterschiede auf gesellschaftlicher Ebene. Skandinavische Länder seien in der digitalen Entwicklung Deutschland voraus, was eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz des Themas nach sich ziehe. Bezogen auf die nächsten Meilensteile in der Digitalisierung im Sportsektor sieht Mazurkiewicz einen Kreis von fünf Punkten im Vordergrund: „In Deutschland ist gerade bei allen das Thema Bonussysteme einzuführen wichtig. Bonussysteme, die übergreifend sind, das heißt, wo auch Catering, Fanartikel oder Tickets mit einzahlen, das bedarf auch einer Verbindung von Hardware und Software. Personalisiertere Angebote werden das nächste große Thema sein, sodass aus der Kundenhistorie schon klar wird, welcher Kunde was will? Das führt zu Automatismen, also personalisierte Angebote automatisch aus Systemen herauszuholen. Ein großer Treiber im Ticketing ist Sicherheit und die Reduzierung des Schwarzmarktes, auch dafür wird es zukünftig Lösungen geben.“
Optimierung von An- und Abreise
Zum Ende des ersten Tages waren auch die An- und Abreisemodalitäten bei Großevents ein Thema. Die Digitalisierung soll in diesem Punkt Abhilfe schaffen. Tobias Franke, Senior Manager bei der PricewaterhouseCoopers GmbH (PwC) sieht die Datenquellen als wichtiges Element für den Zu- beziehungsweise Abfluss der Menschenmassen bei Events. Zusätzlich zu simplen Methoden wie Personenzählsensoren seien aus seiner Sicht auch Kameras, Smartphone-Sensoren und externe Datenquellen wie z.B. Venue-eigene Apps Möglichkeiten, um den Verkehrsfluss zu verbessern.
Dafür müsse seiner Auffassung nach allerdings ein Umdenken der Gesellschaft stattfinden. Mittels Edge Computing könne dafür eine Lösung gefunden werden. Bei dieser Datenverarbeitung werden die Daten direkt mithilfe der Kamera verarbeitet, eine Speicherung der Arten in jeglicher Form bleibt entsprechend aus. Einzig das Ergebnis einer bestimmten Statistik oder Zählung wird dann kommuniziert. (Stadionwelt, 13.09.2023)
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