#AlarmstufeRot: „Etikettenschwindel“ der Bundesregierung
Das Aktionsbündnis #AlarmstufeRot wirft der Bundesregierung Etikettenschwindel bei der neuesten 10 Mrd. Euro teuren Novemberhilfe vor und fordert, dass auch der Veranstaltungswirtschaft geholfen werden soll.
„Die Bundesregierung gibt vor, die besonders von Corona betroffenen Branchen retten zu wollen. Gleichzeitig werden im Kleingedruckten bewusst komplexe Hürden eingebaut, sodass wirklich Betroffene weiterhin keinerlei Finanzhilfen bekommen“, teilt das Bündnis mit, außerdem gleiche das Rettungsprogramm der Regierung „einem Eisberg“.
Bereiche wie Theater, Kinos und Gastronomie, die „für die breite Öffentlichkeit gut sichtbar“ sind, erhalten Gelder aus dem Novemberprogramm, 75 Prozent des Novemberumsatzes 2019 sollen den Betrieben ausgezahlt werden. Die riesige Zahl unsichtbarer Zulieferer und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft ertrinke indessen unter der Wasseroberfläche, so #AlarmstufeRot. „Sie werden geopfert, indem unrealistische Zulassungshürden in das Novemberprogramm eingefügt wurden. Mit detailreichen Formulierungen wird der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen bewusst klein gehalten. Fast 90 Prozent der Betriebe der deutschen Veranstaltungswirtschaft wird jede Hilfe verwehrt.“
Todesurteil für Veranstaltungswirtschaft?
Nico Ubenauf, Mit-Initiator des Aktionsbündnisses, kritisiert die Regierung scharf: „Die Regierung betreibt gerade eine kolossale Triage. Sie beurteilt, welche Branchen rettungswürdig sind und welche Wirtschaftszweige Deutschland in Zukunft nicht mehr braucht. Als nicht überlebenswert wurde der Veranstaltungswirtschaft der schwarze Zettel umgehängt: ‚Opfer, sterben lassen.‘ Dies, obwohl sie der sechstgrößte Wirtschaftszweig mit 100.000 Betrieben und mit über einer Million Beschäftigten ist, deutlich vor der Automobilwirtschaft.“ Die Bundesregierung betreibe „Politik für die Schlagzeilen und nicht für die deutsche Bevölkerung“, so Ubenauf weiter. „Hohe Rettungsbeträge schaffen zwar den Weg in die Pressekonferenzen und Abendnachrichten. Nicht aber zu den notleidenden Beschäftigten, zehntausenden Soloselbstständigen und mittelständischen Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft.“ kritisiert Ubenauf weiter.
Wird die Öffentlichkeit getäuscht?
Politiker von Regierung und Opposition hätten auf zwei Bundesdemos, vielen Landeskundgebungen und in drei Sitzungen des Rettungsdialogs mit der Veranstaltungswirtschaft glaubwürdig versichert, dass sie das Sonderopfer dieser Branche verstanden hätten. Unter anderem Finanzminister Scholz habe öffentlich signalisiert, dass genügend Geld für den Sektor bereitstehe.
„Aber anderen Wirtschaftszweigen, die seit Jahrzehnten in der Lobby von Parlament und Ministerien Bedarfslisten präsentieren, wurden diese Mittel nun zugesprochen“, kritisiert man. „Seit Monaten werden die Wähler schleichend auf dieses Opfer vorbereitet. Mit Aussagen wie: ‚Party und Kirmes müssen halt mal ausfallen‘ wird bewusst der Blick fehlgelenkt, dass 88 Prozent der Veranstaltungen in Deutschland Wirtschaftsanlässe sind wie Messen, Vollversammlungen, Fachkongresse und Technologieschauen“, wo sich Exportweltmeister Deutschland seinen Rekordabsatz sichere.
Nur 12 Prozent der Veranstaltungen entfallen auf die Bereiche Kultur und Soziales. Mit Parolen wie „klotzen nicht kleckern“ werde der Öffentlichkeit das Gefühl vermittelt, dass Arbeitsplätze und Wirtschaftsunternehmen in Deutschland gerettet würden. „Tatsächlich werden die Menschen hierzulande schon 2021 bemerken, dass keine Dienstleister mehr da sind, die das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in Form sicherer und organisierter Veranstaltungen ermöglichen können“, prognostiziert das Bündnis.
Milliardensubvention für Hotellerie und Gastronomie
Die Vertreter des Aktionsbündnisses #AlarmstufeRot begrüßen, dass die ebenfalls von der Krise betroffene Hotellerie und Gastronomie mit dem Novemberprogramm gestützt werden, teilt man mit. Nachdem es diesen Branchen bereits möglich war, über den Sommer ihrer Geschäftstätigkeit nachzugehen und verlorene Frühjahrsumsätze nachzuholen, erhalten sie nun Subventionen in Milliardenhöhe. „Damit dürfte die Regierung eine Klagewelle dieser Berufsverbände verhindern wollen.“ Doch die Veranstaltungswirtschaft befinde sich seit März noch immer im ersten Lockdown. „Über acht Monate ohne Geschäftsgrundlage, ohne Einnahmen und nun ohne Berücksichtigung im Novemberprogramm: Dies ist das Todesurteil, das die Regierung über das deutsche Veranstaltungswesen gesprochen hat.“ (Stadionwelt, 10.11.2020)