„Im operativen Bereich werden wir vieles optimieren müssen“
Mit André Lieberberg eröffnete ein echter Hochkaräter der Branche das Programm des diesjährigen eps ARENA SUMMIT. Im Gespräch mit Michael Brill, CEO von D.LIVE, ging es um Privates, Persönliches und Professionelles aus der Sicht des Chefs von Live Nation.
Lieberberg, der in zweiter Generation ein weltweites Veranstalter-Netzwerk repräsentiert und zu den zentralen Figuren des Live-Entertainment zählt, gilt selbst ein bisschen als Rockstar der Szene. Dies will der umtriebige Manager aber nicht ohne Vorbehalte annehmen. „Nach 22 Jahren im Beruf ist die Leidenschaft nach wie vor mein Antrieb“, sagte er. „Das Licht soll auf die Künstler scheinen, nicht auf uns im Hintergrund.“
Im Gespräch ging es um Freundschaften im Business, um das Familienleben und die musikalischen Vorlieben der Generationen im Hause Lieberberg. Und selbstverständlich ging es um Trends und Themen des laufenden Tournee-Geschäfts. Eine auf das Backdrop des Podiums projizierte Kennzahl belegte ein enormes Wachstum: „Global +25% Attendance“ war dort zu lesen. Lieberberg freut sich über den aktuellen Boom, weiß die Zahlen aber auch richtig einzuordnen – und arbeitet hart an der Gestaltung drängender Themen. Während 2023 noch als Ausnahme-Jahr mit vielen Extremen einzuordnen ist, in dem besonders viele Stadion-Konzerte liefen, weil die Fans Nachholbedarf hatten, aber auch, weil durch den Lockdown verschleppte Termine jetzt erst realisiert werden konnten, hat man auch die Club-Tourneen im Blick. „Ein Künstler muss nicht in den Stadien spielen, um erfolgreich zu sein“, machte Lieberberg klar. So sei es auch sehr hoch zu bewerten, wenn Acts über Jahre zuverlässig die Clubs füllen. Die Rolle dieser Tourneen als Bewährungsprobe für Talente hat sich unterdessen geändert. Wenn Shooting Stars innerhalb kürzester Zeit zu Weltruhm gelangen und in Stadien spielen, ist es für die Veranstalter und Booker nicht immer leicht, die richtige Einschätzung zu treffen und die passenden Locations auszuwählen. „Die direkten Vertriebswege der Künstler zu den Fans auf verschiedenen digitalen Wegen sind aber auch viel ausgeprägter als zuvor“, merkte Lieberberg an. Somit sei es unter Umständen nicht einmal entscheidend, auf Tournee zu gehen.
Während Lieberberg selbst über die enorme Anzahl von Festivals im laufenden Jahr staunte und auch der Ausblick sich positiv darstellt, stellte er heraus, welche Herausforderungen seit Covid zu meistern waren, da man oft nicht einmal sicher war, überhaupt die Bühne und die Arbeitskräfte für die Shows zu bekommen. Man habe dabei gelernt, sagte er und berichtete: „Im operativen Bereich werden wir im Unterbau vieles optimieren müssen. Zuletzt haben wir bei dem hohen Aufwand in den Stoßzeiten viel darüber gelernt, wie man sich aufstellen muss – auch mit Blick auf die Kosten.“ Das der Veranstalter auch für die Sicherheit der gesamten Produktion und die der Besucher verantwortlich ist, nannte Lieberberg als weiteren kritischen Punkt in Zeiten von Personal-Knappheit und Termin-Stress: „Was die Sicherheitsthemen betrifft, müssen wir auf die Mannschaftsstärke achten, wenn wir in der Lage sein wollen, mit Krisen umzugehen.“
Krisenhafte Zustände zeigen sich offenbar seit der Wiederaufnahme des Veranstaltungsbetriebs immer öfter auf Seiten des Publikums, und dies auf mehreren Ebenen. So scheint es zum Trend geworden sein, quasi auf Ansage bei Konzerten „zu eskalieren“ – eine neue Form der Selbstverwirklichung auf Fan-Seite, die aber selten im Sinne der Allgemeinheit ist. Außerdem scheint die Erwartungshaltung an den Service stark gestiegen zu sein. „Es ist ein Learning, dass wir uns darauf einstellen müssen, mit dem Verhalte der Fans umzugehen“, sagte Lieberberg, „wir müssen gut mit dem Publikum umgehen“.
Klare Worte fand der Top-Veranstalter zum Thema Nachhaltigkeit – einem facettenreichen Thema auf verschiedenen Ebenen. „Die Nachhaltigkeit von Produktionen ist alternativlos und wird von Allen sehr ernst genommen“, stellte er klar. (Stadionwelt, 13.09.2023)