Mobiles Catering: Wurst und Bier auf Rollen

Die stationären Stadion-Kioske gewährleisten die Grundversorgung im Public Catering. Mobile Einheiten sorgen für zusätzliche Einnahmen und Angebotsvielfalt – bedingt, denn auch hier machen die klassischen Top-Seller den Großteil des Umsatzes aus.

Die Gestaltung der in den Stadien und Arenen fest eingebauten Kioske wird durch zahlreiche Faktoren außerhalb des Caterings entscheidend geprägt – so durch die Tiefe der Tribünen und Fläche der Verkehrs- und Verweilflächen der Erschließungsebenen. Prägend wirkt sich auf die Anordnung auch die gesetzlich vorgegebene Bemessung der Flucht- und Rettungswege aus. Die Einheiten in den meist frequentierten Zonen von Arenen bedienen in den Stoßzeiten enorme Menschenmengen – zwangsläufig mehr, als es im Interesse des Gastronomie-Umsatzes und der Kundenfreundlichkeit optimal wäre. „Mit den festen Einbauten müssen wir immer leben, sie reichen aber in der Regel nicht aus“, sagt auch Thomas Ranke-Hoffmann, Leiter Business Development bei Aramark, dem Caterer in aktuell 11 deutschen Stadien. „Das mobile Geschäft ist daher immer wichtiger geworden und wird auch in Zukunft eine große Rolle spielen.“

Neben den Läufern, die sich mit Rucksäcken, Bauchläden oder Brezelstangen durch das Publikum bewegen und gezielt günstige Verkaufssituationen anpeilen können, sind es kleine, mobile Counter, die für zusätzlichen Umsatz sorgen. Eine wichtige Planungsgrundlage ist auch hier die behördliche Genehmigung im Rahmen des Sicherheitskonzeptes – und je mobiler die Theken sind, desto leichter fällt die Genehmigung für Standorte in der Nähe von Fluchtwegen. Zwar ist die Personenzahl pro Quadratmeter auf Verweilflächen nicht unmittelbar Gegenstand der Versammlungsstättenverordnung, jedoch liegt es auch im Interesse des Caterers, mit seinen Ständen nicht für unnötige Engpässe zu sorgen. Im Hamburger Stadion etwa kann Aramark im Umlauf etwa alle 5 Meter – in Wechsel mit den festen Kiosken – eine mobile Lösung aufstellen. Kein Kunde möchte sich gern zweimal in Folge anstellen, und auch um Staus zu vermeiden, bietet es sich an, an einer Einheit einen Snack und Getränke anzubieten oder zwei geeignete Theken zu gruppieren. Zu diesem Konzept kann es auch gehören, an den mobilen Theken nur Einwegbecher zu verwenden.

Wenngleich die Caterer grundsätzlich immer den Puls der neuesten Gastro-Trends spüren müssen, fällt die Bestückung der Public-Kioske nicht allzu schwer. Bratwurst und Bier, auch Softdrinks, Kaffee und Brezel, waren und sind die Top-Seller. „80 % des mobilen Geschäftes machen dann auch diese Top-Produkte aus“, weiß Ranke-Hoffmann.

Und die restlichen 20 % sind eng verwandt: „Die Currywurst wird auch gern genommen, zudem laufen regional Spezialitäten gut, wie z. B. die rustikale Stulle mit Leberwurst in Frankfurt.“ Es sei die Aufgabe und Herausforderung für den jeweiligen Betriebsleiter vor Ort, über die Verkaufsschlager hinaus auch mit regionalen Produkten zusätzliches Potenzial zu generieren – wie etwa auch mit Fisch in Hamburg oder veganen Produkten in Dortmund. Dass sich die mobilen Counter zudem besonders gut eignen, um Lust auf saisonale Spezialitäten zu machen, liegt auf der Hand: Im Winter schnell einen heißen Kaffee oder Glühwein verfügbar zu machen und im Hochsommer Kühles aus der Eisbox zählt zum kleinen Einmaleins der Branche.

Bezüglich der Spieltagsplanung liegen bei allen Stadion-Caterern mittlerweile genug Erfahrungswerte vor, um je nach Ticket-Verkauf und Gäste-Kontingent einen Standplan aus der Schublade ziehen zu können. Entscheidend ist es, in der Einlassphase den Zustrom der Besucher abzufangen und dann in der Halbzeit an den Eingängen präsent zu sein. Anschließend kann die Catering-Kapazität auf etwa 50 % heruntergefahren werden. Im Rahmen der Standard-Szenarios bei Fußballspielen ist es eher selten, dass mobile Counter in unterversorgten Bereichen aushelfen müssen – und laut Thomas Ranke-Hoffmann spielt auch vielmehr die Vorplanung eine Rolle als die Option, Kassendaten im Netzwerk zu sammeln und live auszuwerten.

Weithin erkennbar und appetitanregend: Wurst-Theke auf dem Plateau der LANXESS arena.
Weithin erkennbar und appetitanregend: Wurst-Theke auf dem Plateau der LANXESS arena. Bild: Stadionwelt

Für die 2009 eröffnete Augsburger SGL arena, einem Vertreter der Stadion-Kategorie mit rund 30.000 Zuschauerplätzen, sagt Jürgen Wasserrab, Leiter Arena Catering bei der LEW Service & Consulting GmbH (LSC): „Wir haben ordentlich in die Ausrüstung investiert und verfügen im Stadion über eine hervorragende technische Ausstattung auf hohem Niveau. Es war uns aber auch von Beginn an klar, dass man mit den Kassenplätzen in den festen Kiosken alleine den Großteil der Zuschauer in einem ausverkauften Haus dauerhaft nicht würde bedienen können. Mit dem Bundesliga-Aufstieg 2011 haben wir nochmal einen großen Schritt gemacht und weiter aufgerüstet: Mit zusätzlichen mobilen Einheiten und Läufern erzielen wir alles in allem einen zweistelligen Prozentsatz vom Gesamtumsatz.“ In Augsburg sind auf dem Stadiongelände neben dem Kernangebot Pizza, Steak und diverse regionale Spezialitäten erhältlich, Läufer bieten Getränke, Brezel und Eis an. Ein grenzenloses Entwicklungspotenzial sieht Wasserrab nicht: „Irgendwann würden sich die Angebote gegenseitig kannibalisieren.

Wir sind heute mit unseren stationären und mobilen Einheiten gut aufgestellt und haben uns auf die Gegebenheiten vor Ort und die Wünsche der Fans hin ausgerichtet.“ Zum spezifischen Know-how gehört es hier unter anderem, mit den mobilen Einheiten dem Verlauf der Sonne zu folgen und die bevorzugten Aufenthaltsorte der Fans zu antizipieren. Die Läufer sind dank Helium-Ballons gut zu erkennen, „sie kennen aber auch ganz genau ihre besten Gebiete“, sagt Wasserrab und fügt hinzu: „Wir haben Schanktheken mit 2 Fässern auf Rollen, die verschoben werden könnten. Aber der Mensch ist auch im Stadion ein Gewohnheitstier.

Er geht erst mal in den Block und dann Essen und Trinken holen. Es wäre nur schwer möglich, die Publikumsströme mit Catering-Einheiten zu steuern.“

Schulung, Spaß und Motivation

Die Pro-Kopf-Umsätze an den mobilen Ständen unterscheiden sich in den von Aramark betreuten Spielstätten nicht von denen an den stationären Outlets. Aber unterscheiden sich die Mitarbeiter? „Alle Mitarbeiter im Public-Bereich müssen gleich gut geschult und gleich freundlich sein. Wer an einem mobilen Stand arbeitet, muss natürlich zusätzlich darin geschult sein, unter anderem rechtzeitig Waren nachzuholen und die Theke zu bedienen“, sagt Ranke-Hoffmann. Beim Hamburger SV beschäftigt Aramark rund 400 Mitarbeiter im Public-Bereich, sodass alle Neigungen abgedeckt werden können. Wer lieber im größeren Team im Kiosk arbeitet, kann ebenso seinen Platz finden wie der Verkäufer, der lieber zu zweit einen mobilen Stand betreut. Ranke-Hoffmann: „Wir haben verschiedene Mittel, um zusätzliche Motivation zu schaffen; grundsätzlich gibt es aber eine Schulung und ein Gehalt, und es möchte gar nicht jeder Mitarbeiter aufsteigen. Viele von ihnen sind schon viele Jahre dabei, haben ihren Platz gefunden und Spaß an dem Job.“

Auf dieser Grundlage arbeiten auch die Caterer von LSC in Augsburg. Jürgen Wasserrab sagt klar: „Die beste Technik hilft ohne den Verkäufer nichts. Gut geschulte und freundliche Mitarbeiter sind wichtiger als jede Equipment-Innovation! Einige, die heute bei uns arbeiten, waren schon im alten Stadion dabei, bei uns geht es familiär zu, und die Mitarbeiter haben Spaß. In so einer Atmosphäre verzeihen es einem die Kunden dann auch einmal, wenn es in einer Station mal zu einer Panne kommt.“

Bekanntlich unterscheiden sich alle Stadien hinsichtlich ihrer Bauweise, Zuschauerkapazität und zum Teil auch durch örtliche Gepflogenheiten. Wie geht also ein System-Gastronom wie Aramark mit individuellen Besonderheiten um? „Das Unternehmen entwickelt Lösungen mit Fachplanern und manchmal auch Systeme, die dann überall zum Einsatz kommen“, erklärt Ranke-Hoffmann. So sei ein mobiles 50-Liter-Fass auf Rädern mittlerweile in allen Stadien in Gebrauch.

Zudem haben Weiterentwicklungen von Produkten in Zusammenarbeit mit den Herstellern in vielen Details stattgefunden, etwa bei Plexiglas-Kästen für Brezel und der Thermo-Ummantelung für Suppenbecher.

Individuelles Design für mobilen Bier-Container.
Individuelles Design für mobilen Bier-Container. Bild: Stadionwelt

Für die mobilen Theken selbst haben sich Standards entwickelt, die überall am besten funktionieren: Da der Körper eines Standes etwa hüfthoch ist, ist er ohne zusätzliche Werbemaßnahmen in einer Menschenmenge einfach nicht zu erkennen. So werden, je nach örtlichen Gegebenheiten, auffällige Schilder mindestens in Kopfhöhe an den Ständen angebracht. Es liegt in diesem Fall auf der Hand, dass die Werbe-Information beim potenziellen Kunden einen möglichst unmittelbaren Impuls ausüben soll. Daher wird die Bratwurst neben dem auffälligen Schriftzug auch gleich abgebildet.

Im Bundesliga-Regelbetrieb erlebt das Public Catering selten Überraschungen; was aber, wenn sich die Stadionbetreiber die Multifunktionalität ihrer Häuser zunutze machen und sich damit auch die Public Caterer auf neue Szenarios einstellen müssen? Ein Paradebeispiel lieferte die Commerzbank Arena 2014 mit „DEIN STADIONSOMMER FRANKFURT“, der den Innenraum zur Aktionsfläche von Events aller Art vom Open-Air-Konzert über das Autokino und e-Gaming bis Handball machte. „Wir haben uns da auch mit den mobilen Theken jeder Veranstaltung angepasst“, sagt Ranke-Hoffmann. „Da hatten wir auch Cocktails, Wein und Prosecco im Angebot und viele Variationen bei der Standgestaltung. Die Kernprodukte haben aber immer noch 80 % ausgemacht.“ Die meisten Zuschauer und die striktesten behördlichen Vorgaben treffen bei Stadionkonzerten mit Innenraum-Nutzung aufeinander. Bei ausverkauften Konzerten ist das Umsatzpotenzial hoch und die Standflächen knapp bemessen. Hier besteht das A und O für den Caterer darin, so vorzuplanen, dass die Stände möglichst autark arbeiten und während des Konzerts möglichst nicht mehr beliefert werden müssen.

Alles dokumentiert

Unterschiedlichste Szenarios erleben Indoor-Multifunktionsarenen Woche für Woche und in der Hochsaison oft auch von Tag zu Tag. Höchste Flexibilität und Leistungsfähigkeit wird auch dem hauseigenen Catering-Unternehmen der größten Arena Deutschlands, der Kölner LANXESS arena, abverlangt. Bis zu 20.000 Zuschauer bewegen sich hier pro Event über die Flaniermeile, die ebenerdig rund um die Tribünen führt und die höher gelegenen Erschließungsebenen. Zwischen den Zugängen zu den Zuschauerplätzen befinden sich rundum fest integrierte Kioske und Bistros, auch auf der Fassadenseite wird jeder zur Verfügung stehende Platz für mobile Aktionsstände und Catering-Einheiten genutzt. Darüber nutz man, wann immer es die Wetterbedingungen zulassen, das Außenplateau.

Von Ein-Mann-Rollcontainern über Ausschankwagen mit Biergarnituren bis zum Zelt und den Runnern mit Brezeln und Getränkerucksäcken sind hier alle Varianten mobiler Catering-Einheiten anzutreffen – und die Bedeutung der flexiblen Außengastronomie ist seit Einführung des Rauchverbotes innerhalb von Versammlungsstätten noch gestiegen.

„Wir setzen nicht immer alle unserer mobilen Einheiten ein, das hängt unter anderem vom Thema der Veranstaltung ab“, sagt Sven Hoter, Operations Director ARENA Eventgastronomie. „Es ist aber immer ein Zusatzgeschäft zu den festen Einheiten mit 20 % bis 25 % an Mehreinnahmen.“ Vom Sport über Shows und Konzerte gibt es in der Arena viele Themen. Und jede Sparte hat ihre eigenen Besonderheiten. So ist beim Star-Geiger André Rieu ein anderes Publikum mit unterschiedlichem Konsumverhalten anwesend als bei den Scorpions oder einem Eishockey-Derby der Kölner Haie. „Wenn der KEC schlecht spielt, gehen viele Zuschauer schon während des Spiels“, weiß Sven Hoter, „andererseits herrscht in den Drittelpausen vor den Stehplatzbereichen mehr Andrang bei den meisten Konzerten.“ Je nach Art des Events kann die Arena statt Bier- auch Cocktail- oder Sektstände herbeifahren. Snack-Stände mit der Live-Zubereitung von Waffeln, Popcorn oder Pasta locken mit angenehmen Düften.

Die Caterer der 1998 eröffneten Arena können auf einen enormen Erfahrungsschatz bauen. Kirsten Albrecht, Operations Manager Verkaufsstände und Bankett ARENA Eventgastronomie, erklärt: „Wir haben reichlich Erfahrungswerte, wobei viele Veranstaltungen wiederkehren. Vor allen Dingen aber haben wir immer schon sehr genau dokumentiert. Nach jedem Event schreibt der zuständige Manager einen Bericht, dem man bis ins Detail entnehmen kann, welche Maßnahmen wir durchgeführt haben welchen Erfolg sie hatten. Darin kommt auch das Wetter vor – manchmal schieben wir, wenn sich die Sonne zeigt, auch mal spontan einen Eisstand heraus.“

Hinsichtlich des F&B-Angebotes wie auch der Hardware geht die Arena markenoffen Kooperationen ein. Hieraus gehen gelegentlich technische Sonderlösungen und Weiterentwicklungen hervor. „Innovationen und exotische Angebote sind fest in unserem Konzept integriert“, sagt Hoter.

So werde werde auch vegetarische Kost im Dervice-Bereich und den Logen immer öfter angefragt. Im Public-Bereich ist ein „Snack for Fun“-Stand neu, zudem befindet sich ein Kartoffelstand in Planung. Sven Hoters Fazit: „Man muss immer am Ball bleiben. Das ändert aber nichts daran, dass Bratwurst, Bier und Pommes immer die Nummer eins bleiben werden.“