Richtlinien: Sanitärbereiche in Stadien

Stadien sind in Deutschland keine Kategorie des Baurechts. Daher gelten hier die VStättVO sowie die Bauordnungen der Länder. Diese Vorgaben des öffentlichen Baurechts bestimmen auch die Sanitärausstattung von Stadien.

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Darüber hinaus enthält die Arbeitsstätten-Verordnung Vorgaben für die Sanitärausstattung der nicht öffentlichen Bereiche. Ferner gibt es einige Vorschriften, die nicht aus dem öffentlichen Baurecht kommen. Dies sind z. B. Bestimmungen der Sportverbände. Auch gibt es die VDI 6000/Blatt 3 mit technischen Empfehlungen, die aber ebenfalls nicht öffentliches Baurecht sind und Theater und Kinos behandelt, aber nicht die Stadien.

An Regularien, die aus dem Fußball kommen, sind vor allen Dingen das Stadionhandbuch des DFB zu nennen sowie die Richtlinien von UEFA und FIFA. Ergänzend hat die UEFA mit Blick auf die EURO 2020 einen gesonderten Katalog herausgegeben.

Unter anderem geht man hier von einem anderen Geschlechterverhältnis aus als bei Ligaspielen. Als Vorgabe für die WCs gelten daher nicht die übliche Verteilung von 80 % zu 20 % für Männer und Frauen, sondern 65 % zu 35 %.

Maßgeblich für die Bau- und Betriebsgenehmigungen ist das öffentliche Recht. Wer nicht danach baut, bekommt keine Abnahme oder steht unter Umständen auch erst später vor Problemen, wenn Komplikationen auftreten. Aus der Praxis berichtet Architekt Gert Surber vom Büro ARCHITEKTUR CONCEPT in Zwickau: „Die deutsche VStättVO ist nicht passgerecht auf Stadien zugeschnitten. Letzten Endes läuft es immer auf Absprachen mit dem Bauordnungsamt hinaus.

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens kann man dann Abweichungen beantragen. Es wird umso komplizierter, je mehr Nutzungs-Varianten ein Stadion über den Fußball hinaus bieten soll. Es kommt hierbei auf den Bauherrn an; er muss definieren, was er braucht. So ist es möglich, dass die Tribünen nach Verbands- oder Ligavorschrift gebaut werden und in multifunktionalen Bereichen die VStättVO die Vorlage liefert.“

Generell versucht man, kurz vor dem Spiel und in der Pause Stau zu vermeiden. Gert Surber: „Insofern ist die Betrachtung der VDI 6000 Blatt 3 nicht uninteressant: Hier erfolgt die Abstufung von niedriger bis hoher Gleichzeitigkeit von Personen in Sanitärobjekten. Dies kann der Architekt in Abstimmung mit dem Bauherrn, der eine Vorstellung davon hat, welche Personendichte er in welchen Zonen erwartet, berücksichtigen und genehmigungsfähig umsetzen.“

Insbesondere Drittligisten bzw. Stadien, die perspektivisch Schauplätze des Profi-Fußballs werden sollen, müssen immer mehr Vorschriften beachten und umsetzen. Dies gilt für die WC-Anlagen, aber auch für die Zäune, Sektorentrennung und Überdachung. In Einzelfällen gibt es wohl noch Abstufungen und Sonderregelungen, aber die Forderungen wurden zuletzt immer weiter nach oben geschraubt. Hinsichtlich der Barrierefreiheit gibt es viele Empfehlungen der Ligen, und es wird immer darauf hingewiesen, dass die Bedürfnisse von Behinderten Berücksichtigung finden müssen. Dies ist auch in der Bauordnung und VStättVO verankert, was die Sitzgelegenheiten, Zuwegungen und Toiletten betrifft. Konkrete Ausführungen zu Behindertenplätzen liefert die DIN 18040 für barrierefreies Bauen. Für den Verein kann aus diesen Anforderungen eine ganze Reihe an Herausforderungen entstehen.

Zu diesem Punkt sagt Archtekt Surber: „Sicher braucht man hier und da Verhandlungsgeschick – aber jeder Profi-Verein hat ja auch einen Behindertenbeauftragten, der sich mit der Materie auseinandersetzt. Es muss 1 % der Zuschauerplätze behindertengerecht sein; die konkrete Umsetzung kann dann eine Menge an Abstimmungsprozessen bedeuten. Aus Sicht des Planers empfiehlt es sich, den Bauherrn mit dessen Verständnis der Dinge mit ins Boot zu nehmen. Er hat Erfahrung mit seinem Publikum, der Publikumsstruktur und auch der Anzahl an behinderten Stadionbesuchern.“ Die Toilettenanlagen insgesamt sind ein Architekten-Thema, wobei Sanitär-Fachplaner hinzugezogen werden, um die Leitungen optimal zu planen. Nach Kundenwunsch können weite Teile an die Gebäudeleittechnik angebunden werden und damit im Rahmen eines CAFM-Systems zentral überwacht und gesteuert werden. Dies ist dann ein Haustechnik-Thema für den Elektro-Planer, das sich aber auch im Bau-Budget deutlich bemerkbar macht.

Da das Baurecht keine Unterscheidung zwischen Stadien und anderen Versammlungsstätten macht, fließen Verbesserungen, die erfahrene Stadion-Planer entwickeln, kaum oder nur langsam Eingang in die Gesetzgebung. Die Kommissionen und Gremien haben Berater, aber einen direkten Einfluss können die Planer nicht nehmen. Das Problem für die Planer ist, dass die vielen Vorschriften nicht harmonisiert sind. Die privaten Anforderungen wie die der UEFA sind kein Baurecht, sondern Willensbekundungen mit dem Ziel von Zertifizierungen. Andererseits ist ein Stadion, das den FIFA-Standards folgt, in der Hinsicht auch abwärtskompatibel, sodass kein Konflikt mit der VStättVO entsteht.

Letztendlich hat der Gebäudeplaner die Verantwortung, konform mit den Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu arbeiten. Es wird kaum jedes Detail geprüft. Aber es kann doch vorkommen, dass Mängel geltend gemacht werden. Dann kann es zu Prüfungen kommen, und der verantwortliche Planer hat unter Umständen ein Haftungsproblem. „Daher muss man als Planer immer sauber arbeiten und jegliche Besonderheiten per Abweichungsantrag zur Legitimierung bringen“, sagt Gert Surber. „Sicher ist eine ganze Menge Erfahrung als Planer hier wichtig. Man muss wissen, auf welche Stellschrauben es ankommt, und wie man mit der unteren Bauaufsicht zusammenarbeitet, um ein Gebäude funktionsfähig zu machen.“