Kunstrasen: EU verabschiedet Mikroplastik-Verbot

Nach Jahren des Hin und Her hat die EU am Montag, den 25. September das lange erwartete Verbot von Produkten mit künstlich zugesetztem Mikroplastik bekanntgegeben. Sportplatzwelt zeigt auf, was dies für die Kunstrasen-Branche bedeutet.

Seit mehr als fünf Jahren erwägt die EU nun schon ein Verbot von Kunststoffgranulaten als Infill in Kunstrasenplätzen – genauer gesagt, von Produkten, denen künstlich Mikroplastik beigemischt wird. Eine Studie des Fraunhofer Instituts hatte die hitzige Diskussion im Jahr 2018 auch in die Breite Öffentlichkeit getragen.

Was bisher geschah

Bereits im Juni 2016 war die ECHA von der Europäischen Kommission beauftragt worden, die Auswirkungen von Gummigranulaten auf Gesundheit und Umwelt zu untersuchen. Ursächlicher Ansporn der Erhebung seien laut Europäischer Kommission verschiedene Medienberichte, die Spielplätzen mit Gummi-Mulch ein erhöhtes Krebsrisiko nachgesagt hatten. Laut EU-Kommission sollen vor allem Granulate aus recyceltem Kunststoff – wie etwa Autoreifen – eine Reihe „potenziell gefährlicher Substanzen enthalten, einschließlich polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK), Metalle und Phthalate, und sie können auch flüchtige organische Kohlenwasserstoffe (VOCs) und semi-flüchtige organische Kohlenwasserstoffe (SVOCs) freisetzen“.

Vor dem Ende: Kunststoffgranulat als Infill.
Vor dem Ende: Kunststoffgranulat als Infill. Bild: Sportplatzwelt
Zwar hatte der erste Bericht der ECHA ergeben, dass es „höchstens sehr geringen Anlass für Bedenken“ bezüglich der Gesundheit bei einer längeren Exposition gegenüber dem Granulat gebe, ebenfalls im Bericht aufgezeigte Unsicherheiten rechtfertigen aber laut Europäischer Kommission weitere Untersuchungen in diese Richtung. In der Folge hatte das niederländische Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RVIM) zwar ebenfalls bestätigt, dass der Sportbetrieb auf einem Kunstrasenplatz keine gesundheitlichen Risiken berge, das Institut hatte aber ebenfalls empfohlen, die gesetzlichen Höchstwerte der PAK-Konzentration in Kunststoffgranulaten zu senken.

Eine breite mediale Aufmerksamkeit erfuhr das Thema mit der Beteiligung des Fraunhofer Instituts. Die Organisation für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen hatte in einer im Herbst 2018 veröffentlichten Studie entgegen der bisherigen Ergebnisse des niederländischen Instituts für öffentliche Gesundheit und Umwelt erhebliche Bedenken bezüglich des Einflusses von Kunststoffgranulaten auf die Umwelt geäußert. „Primäres Mikroplastik hat viele Quellen, die sich hinsichtlich der freigesetzten Mengen sehr unterscheiden. Für Deutschland schätzen wir die gesamten Kunststoffemissionen in Form primären Mikroplastiks auf 330.000 Tonnen pro Jahr“, heißt es in der Studie des Fraunhofer Instituts.

Primäres Mikroplastik sind Kunststoffe, die bereits in mikroskopisch kleiner Form in die Umwelt eingebracht werden, wohingegen sekundäres Mikroplastik erst durch einen Zersetzungsprozess von Makroplastik entsteht. Zwar verweist die Studie mit einem Gesamtemissionswert von 101.351 Tonnen pro Jahr auf Reifenabrieb als primäre Quelle von Mikroplastik, Verwehungen von Sport- und Spielplätzen landen aber mit einer jährlichen Menge von 10.808 Tonnen immer noch auf dem fünften Platz. Verteilt auf alle Kunstrasenplätze in Deutschland entspräche dies etwa zwei bis drei Tonnen Mikroplastik, die pro Jahr und Platz in die Umwelt gelangen. Ein Wert, der Grund zur Sorge bereitet und die Europäische Kommission in ihrem Bestreben stärkt, Kunststoffgranulate in absehbarer Zeit zu verbieten.

Was jetzt entschieden wurde

„Heute unternimmt die Kommission einen weiteren wichtigen Schritt zum Schutz der Umwelt, indem sie Maßnahmen zur Beschränkung von Mikroplastik annimmt, das Produkten im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung REACH absichtlich zugesetzt wird“, so die Stellungnahme der EU-Kommission. „Die neuen Vorschriften werden die Freisetzung von etwa einer halben Million Tonnen Mikroplastik in die Umwelt verhindern. Sie verbieten den Verkauf von Mikroplastik als solchem und von Erzeugnissen, denen Mikroplastik absichtlich zugesetzt wurde und die dieses Mikroplastik bei ihrer Verwendung freisetzen. In hinreichend begründeten Fällen gelten Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen für die Anpassung der betroffenen Parteien an die neuen Vorschriften.“

Das jetzt bekanntgegebene Verbot beschränkt sich nicht nur auf Kunstrasenplätze und andere Sportböden bei deren Bau künstliches Mikroplastik in Form von Kunststoffgranualt als Infill zugegeben wird, sondern auch auf viele andere Produkte des täglichen Lebens (z.B. Kosmetik). Während erste Verbote (z.B. das Verbot von Mikro-Perlen und losem Glitter) bereits in den kommenden 20 Tagen in Kraft treten sollen, ist für ein Herstellungs- und Verkaufsverbot von beispielsweise Kunstrasenprodukten bis dato noch kein Zeitplan vorgesehen. Die EU-Kommission hierzu: „In anderen Fällen wird das Verkaufsverbot erst nach einem längeren Zeitraum verhängt, um den betroffenen Akteuren Zeit zu geben, Alternativen zu entwickeln und auf diese umzustellen.“

Bis es zu einem tatsächlichen Verbot von Kunststoffrasenplätzen mit Kunststoffgranulat als Infill kommt, werden aber noch einige Jahre ins Land ziehen. Auch der DFB betont, dass die zu erwartenden Übergangsfristen den Fußball und andere Kunstrasen-Sportarten auch in den kommenden Jahren nur geringfügig tangieren wird: „Es gibt keinerlei Grund zur Panik! Dass es dafür keinen Anlass gibt, daran hat der DFB gemeinsam mit den europäischen Fußballverbänden in den letzten vier Jahren kontinuierlich und erfolgreich gearbeitet, denn es gibt für das Themenfeld Kunststoffrasenflächen eine um zwei Jahren verlängerte Übergangsfrist von nun insgesamt acht Jahren. D.h. das Verbot wird erst ab dem 16. Oktober 2031 wirksam und betrifft auch erst dann unmittelbar die Fußballvereine in Deutschland.“

Weitere Informationen zu den direkten Auswirkungen des EU-Mikroplastikverbots auf den Fußball gibt es außerdem auf der Website des DFB.

Thierry Breton, EU-Kommissar für Internes Marketing: „Diese Beschränkung trägt zum ökologischen Wandel der EU-Industrie bei und fördert innovative, mikroplastikfreie Produkte - von Kosmetika über Reinigungsmittel bis hin zu Sportbelägen. Die EU-Bürger erhalten Zugang zu sichereren und nachhaltigeren Produkten, und die EU-Industrie - insbesondere KMU -, die in solche innovativen Produkte investiert und sie entwickelt haben, wird wettbewerbsfähiger und widerstandsfähiger.“

Virginijus Sinkevičius, EU-Kommissar für Umwelt, Ozeane und Fischerei: „Das Verbot von absichtlich zugesetztem Mikroplastik ist ein ernstes Problem für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen. Mikroplastik findet sich in den Meeren, Flüssen und an Land sowie in Lebensmitteln und im Trinkwasser. Die heutige Beschränkung betrifft sehr kleine Partikel, ist aber ein großer Schritt zur Verringerung der vom Menschen verursachten Verschmutzung.“ (Sportplatzwelt, 26.09.2023)

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