„Hospitality-Flächen in Stadien sind sehr emotionale Orte“

Für die Gestaltung der Hospitality-Flächen und weiterer Zonen im Darmstädter Stadion zeichnete das Architekturbüro Clemens Bachmann Architekten verantwortlich. Interview mit Geschäftsführer Clemens Bachmann.

Clemens Bachmann
Clemens Bachmann Bild: CBA
Stadionwelt: Der Umbau des Merck-Stadions am Böllenfalltor ist abgeschlossen – der VIP-Bereich wurde auch bereits eröffnet. Wie lauten die Eckdaten des Projekts?
Bachmann: Die neuen Hospitalityflächen der Haupttribüne bieten knapp 1.250 Personen auf zwei Etagen Platz. Die Plätze verteilen sich auf 1.000 Business Seats und insgesamt 20 ca. 30 Quadratmeter große Logen mit 250 Plätzen.

Stadionwelt: Mit welchen Leistungen war Ihr Büro beim Projekt in Darmstadt involviert?
Bachmann: Wie bereits bei vorangegangenen Projekten – zum Beispiel für den SC Freiburg – wurden wir in Darmstadt neben der Planung der Hospitalityflächen beispielsweise auch für die Umkleiden, den Pressekonferenzbereich oder die Mixed Zone beauftragt. Dies macht durchaus Sinn. Durch nur einen Innenraumplaner ergeben sich weniger Schnittstellen im Planungsprozess für den Bauherrn, wir als Planungsbüro dagegen können den Innenräumen der Stadien einen gestalterischen roten Faden geben. Immer mehr unserer Auftraggeber entscheiden sich für diesen Weg.

Stadionwelt: Und mit welchen Erwartungen sind die Verantwortlichen in Darmstadt an Sie herangetreten? Gab es spezielle Wünsche?
Bachmann: Authentizität und Bodenständigkeit sollten die neuen Flächen ausstrahlen! Eben passend zu den Lilien. Die bestehende Hospitality Situation war nicht mehr zeitgemäß und zufriedenstellend. Und obwohl sich der neue Hospitalitybereich nun über zwei Geschosse erstreckt, sollten Tradition und Identität erhalten bleiben.

Stadionwelt: Der Stadion-Umbau ist ein Quantensprung für die Lilien. Was macht die Referenz aus Ihrer Sicht besonders?
Bachmann: Alleine die Tatsache, dass der SV Darmstadt bei Planungsbeginn noch 2.Liga gespielt hat und nun wieder erstklassig ist, macht für uns die Referenz besonders. Allerdings hat die Option des Aufstiegs nie wirklich eine Rolle bei der Planung gespielt. Das Projekt war für uns der erste Auftrag aus der zweiten Liga und ich habe festgestellt: Es gibt nahezu keine Unterschiede seitens der Auftraggeber bezüglich Qualitätsanspruch, Professionalität und Leidenschaft fürs Projekt.

Blick in die Mannschaftskabine.
Blick in die Mannschaftskabine. Bild: Bernd Ducke

Stadionwelt: Inwieweit sind im Merck-Stadion innovative beziehungsweise einzigartige Lösungen eingearbeitet worden?
Bachmann: Es gibt nicht die eine, besondere Lösung bei dem Projekt. Natürlich mussten wir budgetsensibel arbeiten, aber ich denke, wie wir gerade die Mischung aus gemütlicher Atmosphäre, Tradition und Modernität ausgelotet haben, ist besonders. In keinem anderen Projekt haben wir so intensiv mit den Vereinsfarben bei der Innenraumgestaltung gearbeitet. Dies zeigt sich besonders im Untergeschoss bei den Kabinen und Nebenräumen. Die großflächige Verwendung der CI-Blautöne wirkt dynamisch und identitätsstiftend zugleich.

Stadionwelt: Wenn man über den Standort Darmstadt spricht, heißt es oft „Tradition trifft Moderne“. Wie wird das am Böllenfalltor in Einklang gebracht?
Bachmann: Hospitalityflächen in Stadien sind sehr emotionale Orte. Es geht immer um ein Gesamterlebnis zwischen Innenarchitektur, Kulinarik und Sport. Ich denke, die neuen Räumlichkeiten in der Haupttribüne wurden sehr behutsam und mit Blick auf den bestehenden Kontext des Stadions entwickelt. Wir haben einfache, industrielle Materialien verwendet und nur punktuell wie etwa bei der zentralen Bar sehr moderne, gestalterische Akzente gesetzt. Historische Foto- und Trikotwände sowie alte Wellenbrecher von der Tribüne vervollständigen das Bild von ‚Tradition und Moderne‘.

Hospitality-Flächen in Vereinsfarben.
Hospitality-Flächen in Vereinsfarben. Bild: Bernd Ducke

Stadionwelt: Wie lief die Zusammenarbeit mit dem Club und allen Beteiligten?
Bachmann: Die Zusammenarbeit lief äußerst gut und auf einer sehr professionellen und kreativ intensiven Ebene. Bei kleineren Clubs sind die Entscheidungsfindungen wesentlich direkter, was immer dem Erfolg des Projektes zugutekommt.

Stadionwelt: Sie haben Ihr Büro 2004 in München gegründet – und inzwischen reichlich Erfahrung in Deutschland und im Ausland gesammelt. Auf welche Meilensteine sind Sie besonders stolz?
Bachmann: Unsere Planungen in Fußballstadien haben in der Allianz Arena in München für den FC Bayern München begonnen. Deshalb stellt diese Referenz einen wichtigen Meilenstein für unser Büro dar. Daneben waren z.B. die Projekte für den SC Freiburg und den FC Basel wichtige Stationen und tolle Erfahrungen. Aber auch kleinere Aufgaben wie der gerade fertiggestellte Logenausbau für die Greiner AG im neuen Stadion des LASK in Linz haben unserem Büro eine große Reputation gebracht. Die Größe ist also nicht immer entscheidend.

Stadionwelt: Apropos Ausland: Ein weiteres Projekt, das noch nicht ganz so weit fortgeschritten ist wie jenes in Darmstadt, ist der Stadion-Neubau in Lugano. Welche Rolle hat CBA hier inne?
Bachmann: Für dieses Projekt wurden wir im ersten Schritt mit der Konzeptausarbeitung für alle Innenräume des Stadions beauftragt. Die Ergebnisse wurden vor knapp zwei Monaten der Öffentlichkeit vorgestellt. Nun würde sich in der zweiten Planungsstufe die technische Ausarbeitung des Projektes gemeinsam mit den Architekten vor Ort anschließen. Das Projekt des FC Lugano ist äußerst ambitioniert und visionär, maßgeblich vorangetrieben durch den Vizepräsidenten und Delegierten des Verwaltungsrates, Martin Blaser, mit dem wir auch schon in Basel zusammengearbeitet haben. (Stadionwelt, 04.07.2023)

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