„Viel Liebe zum Detail“

Das Architekturbüro Clemens Bachmann Architekten hat die Hospitality-Flächen im Europa-Park Stadion geplant und umgesetzt. Im Interview spricht Dipl. Ing. Architekt Clemens Bachmann über das Projekt.

Stadionwelt: Herr Bachmann, welche Leistungen haben Sie im Rahmen der Errichtung des neuen Europa-Park Stadions übernommen?

Clemens Bachmann
Clemens Bachmann Bild: CBA
Bachmann: Bei dem Europa-Park Stadion wurden wir neben der Konzeption der Hospitality-Flächen auch für die Planung der Funktionsräume im Untergeschoss wie den Umkleidekabinen, den Presseräumen oder der Mixed Zone beauftragt. So konnten wir ein ganzheitliches Gestaltungskonzept erarbeiten, das sich wie ein roter Faden durch die einzelnen Bereiche des Stadions zieht. Um genau dies zu erreichen, empfehlen wir bei unseren Stadionprojekten dem Bauherrn immer, die Innenarchitektur ganzheitlich in einer Hand zu belassen. Bei der Planung selbst haben wir alle Leistungsphasen für dieses Projekt ausgeführt.

Stadionwelt: Bitte beschreiben Sie das Hospitality-Konzept im neuen Freiburger Stadion.
Bachmann: Die Hospitality-Flächen befinden sich auf drei Geschossen. Das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss sind hierbei baulich mit zwei großen Galerieöffnungen verbunden, die die Kommunikation zwischen den beiden Bereichen ermöglichen. Im zweiten Obergeschoss befindet sich die Premium Lounge, an dessen Seiten sich auch die Logen angliedern. Neben der effizienten Nutzung der Flächen waren auch Rückzugsmöglichkeiten wie Lounges oder Stehbereiche für das Zusammenkommen der Gäste für uns sehr wichtig. Aufgrund der Besonderheit der Kulinarik und der vielen Weinanbaugebiete in dieser Gegend standen auch diese Themen von Anfang an für uns im Mittelpunkt. Highlights sind hierbei sicher die beiden offenen Küchen im Premium-Bereich an denen tatsächlich frisch für den Gast gekocht und gegrillt wird.

Stadionwelt: Welche Besonderheiten bringt der Standort mit sich?
Bachmann: Noch vor der Wettbewerbsentscheidung, welcher Stadionentwurf in Freiburg umgesetzt wird, waren wir bereits als Innenarchitekten für das Projekt beauftragt. Wir begannen das Projekt noch ohne tatsächliche Räume, sondern analysierten und recherchierten die Geschichte des Vereins und vor allem auch den Standort, die Region und ihre Besonderheiten. Das alte Dreisamstadion befand sich am Rand des Schwarzwaldes, der neue Standort ist neben einem kleinen Flughafen und in der Nähe der Messe Freiburg gelegen. Das Gefühl und die Atmosphäre des alten Stadions mit umzuziehen, war für uns eine der Herausforderungen bei der Innenraumgestaltung.

Stadionwelt: Regionalität spielt in Freiburg bekanntlich eine spezielle Rolle. Wie hat sich das auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Bachmann: Die regionale Verankerung spielte für uns und das Projekt eine große Rolle. Wir entwickelten Gestaltungselemente und Themen-Bereiche, die sich immer wieder auf die Region Freiburg beziehen. So abstrahieren die polygonalen Formen der Lounges und Sitzecken die Bergsilhouetten des Schwarzwaldes, die Stadt-Freiburg-Nische mit ihrer Sandsteinvertäfelung und die Schwarzwald Lounge schaffen einen hohen Wiedererkennungswert beim Gast. Selbst einen ehemaligen Wasserspeier des Freiburger Münster konnten wir verbauen.

Stadionwelt: Und mit welchen Erwartungen und Wünschen ist der Club an Sie herangetreten?
Bachmann: Die Erwartungen waren schnell kommuniziert. Das Wir-Gefühl und den besonderen Spirit des alten Dreisamstadions in die Räumlichkeiten eines Neubaus zu übersetzen. ‚Trotz des neuen Stadions bleiben wir der SC Freiburg und wissen, wer wir sind und wo wir herkommen‘. Dies wurde uns immer wieder in den drei Jahren Planung vermittelt. Bodenständigkeit und Zurückhaltung, ich denke dies strahlen auch die neuen Hospitality-Bereiche aus. Selbst in den Umkleidekabinen wurde bewusst auf Ledersitze verzichtet. Wie im alten Stadion, sitzen die Spieler weiterhin auf einfachen Holzbänken.

Stadionwelt: Welche Rolle hat die Corona-Pandemie im gesamten Prozess eingenommen?
Bachmann: Am deutlichsten spürten wie die Corona-Pandemie bei den äußerst langen Lieferzeiten, die ja bis heute in der Baubranche anhalten. Ansonsten konnten unsere Planung und die Arbeiten für den Innenausbau auch während der Pandemie relativ gut weiterlaufen, da vieles in den lokalen Schreinereien vorab produziert und vor Ort dann nur noch montiert wurde. Auf unser Konzept hatte die Pandemie wenig Einfluss.

Das Europa-Park Stadion passt wunderbar zum SC Freiburg.

Stadionwelt: Das Europa-Park Stadion ist der neueste Standort in der Fußball-Bundesliga. Welche Highlights heben Sie dort besonders hervor?
Bachmann: Ich finde das Europa-Park Stadion passt wunderbar zum SC Freiburg. Das Gebäude spricht eine klare Sprache, ist fast schon sachlich, rational in seiner Erscheinung und zeigt, dass es hier primär um Fußball gehen soll. Unsere Hospitality-Flächen sind ein Ort der Kommunikation und des Miteinanders geworden, in dem architektonisch viel Liebe zum Detail steckt und die Lust auf gutes Essen und gute Weine allgegenwärtig ist. Der starke regionale Bezug und die persönliche Note heben den Standort Freiburg sicher von anderen Stadien in Deutschland ab.

Stadionwelt: Welche Trend-Themen und Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft machen Sie in Bezug auf Hospitality in Stadien und Arenen aus?
Bachmann: Hospitality Bereiche werden mehr als in der Vergangenheit dynamische Orte der Kommunikation und des Austausches. Hierfür müssen in den Flächen Angebote in Form von Lounges und vor allem durch flexibel bespielbare Zonen geschaffen werden. Die Gäste sind mehr in Bewegung, nicht mehr statisch und möchten während eines Spiels unterschiedliche Sitz- und Stehbereiche nutzen können. Das Glas Bier oder Wein nach dem Spiel in einer eher intimeren Bar-Atmosphäre, das Essen vor dem Spiel am klassischen Tisch-Setup. Beim Catering rückt die Qualität immer mehr in den Vordergrund. Woher stammen die Lebensmittel und wie werden sie zubereitet? Im besten Fall wird, wie beim SC Freiburg, vor dem Gast gekocht. (Stadionwelt, 27.10.2021)

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