„Spezifische Fachkompetenz, die über den reinen Bau hinausgeht“
Christopher Kämereit, Geschäftsführer der ZECH Sports GmbH, spricht über die Entwicklung des auf Sport- und Versammlungsstätten spezialisierten Unternehmens und beschreibt dessen besonderes Leistungsportfolio.
Stadionwelt: Die ZECH Sports hat einen Wechsel in der Geschäftsführung hinter sich. Sie stehen jetzt als CEO in der Verantwortung. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für den zukünftigen Sportstättenbau?
Kämereit: Aufgaben, die uns langfristig begleiten werden, beschreiben mit Sicherheit die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Es gilt bereits im Entwicklungsprozess bzw. der Planung unserer Bauwerke, diese Themen noch fundamentaler einfließen zu lassen, um sie auch später in Bau und Betrieb zu integrieren. Ich persönlich freue mich auf die kommenden Herausforderungen und die Fortführung der erfolgreichen Arbeit der ZECH Sports GmbH bei den vielen vorausgegangenen Projekten.
Stadionwelt: Nennen Sie bitte einige Ihrer Top-Referenzen im Sportstättenbau. Viele kennen die ZECH Sports ja noch unter anderem Unternehmensnamen.
Kämereit: Das ist richtig. Ich bin nun seit über 10 Jahren mit unserem Team am Standort in Düsseldorf im Bereich Sportstättenbau tätig. In dieser Zeit gab es zwei Umfirmierungen. Viele kennen unsere Bauwerke noch unter den Namen „hbm Stadien- und Sportstättenbau“ oder „BAM Sports“. Als ZECH Sports gehen wir nun mit annähernd gleicher Teambesetzung die kommenden Projekte an.
Aktuell errichten wir mit dem BBBank Wildpark in Karlsruhe und dem Heinz-Steyer-Stadion in Dresden zwei Stadionprojekte. Während in Karlsruhe Fußball im Mittelpunkt steht, ist es in Dresden die Leichtathletik. Weitere bekannte Stadien von ZECH Sports befinden sich in Mainz, Augsburg, Regensburg und Chemnitz. Im Indoor-Bereich durften wir zahlreiche Großsporthallen und Multifunktionshallen, wie die Mercedes-Benz Arena in Berlin, die SAP-Arena in Mannheim, oder erst kürzlich den SNP dome in Heidelberg errichten.
Stadionwelt: Was macht die ZECH Sports aus? Was sind Ihre Kernkompetenzen als reines Bauunternehmen für Sportstätten?
Kämereit: Uns zeichnet ganz klar das umfangreiche Know-how im Spezialsegment des Stadien-, Arenen- und Eventstättenbaus aus, das wir uns in über 20 Jahren angeeignet haben. Dabei lassen wir in Konzeption und Planung wichtige Anforderungen des Betriebs einfließen. Mit dem Rudolf-Harbig-Stadion in Dresden haben wir ein Objekt nicht nur geplant und gebaut, sondern betreiben es auch sehr erfolgreich. Eine Disziplin, die unser Spezialgebiet ist, ist der Umbau im laufenden Spielbetrieb, das heißt unter Nutzung des Stadions alle 14 Tage zu Heimspielen. Diese Projekte erfordern eine spezifische Fachkompetenz, die deutlich über den reinen Bau hinausgeht.
Mit ihrer Tochtergesellschaft betreibt die ZECH Sports das Rudolf-Harbig-Stadion in Dresden. Ein Interview dazu mit Ronald Tscherning, Geschäftsführer der Stadion Dresden Projektgesellschaft mbH & Co. KG, finden Sie hier.
Stadionwelt: Welche Rolle spielt Ihre Arbeitsweise als Generalübernehmer – oder die in vergleichbaren Modellen – für das Projekt?
Kämereit: Unsere Stärken in der Rolle des Totalübernehmers können wir am besten in Design- & Build-Wettbewerben einbringen, wo wir vom ersten Entwurf an das Projekt begleiten dürfen. Häufig werden in der Frühphase wichtige Entscheidungen für den späteren Bau und nicht zuletzt entscheidende Weichen für den Betrieb getroffen. Hier bringen wir unsere gesamte Kompetenz ein.
Kämereit: Wir durften viele Sportstätten errichten, doch keine ist wie die andere. Jeder Standort hat seinen eigenen ganz spezifischen Fokus und Anforderungen. Das können entwurfsentscheidende Wünsche von Bauherr und Verein, der Städtebau und die umliegende Infrastruktur oder Anforderungen der städtischen Behörden sein.
Über die Zeit haben wir unsere eigenen Prozesse bei wiederkehrenden Fragestellungen aber natürlich immer weiter optimiert. Das spielt beispielsweise bei der Fertigteilkonstruktion, der Stadionschüssel, eine große Rolle. Ich glaube, unsere Schüsseln sind sehr ausgereift und bezüglich Kriterien wie Funktionalität und Wirtschaftlichkeit hochgradig optimiert. Auch lassen wir bereits in der Frühphase des Entwurfs Anforderungen der späteren Montage einfließen, um einen zügigen Bauablauf garantieren zu können. Andere Bereiche eines Stadions, wie etwa das Hauptgebäude mit seinen Funktions- und Businessbereichen, sind hingegen sehr individuell. Hier kommen standortspezifisch verschiedenartige Konzepte zum Tragen. Während manche Hospitality-Konzepte zur klassischen Loge tendieren, wird bei anderen Clubs ein variabler, offener Loungebereich gewünscht. Es gilt diese Ideen dann planerisch und baulich in das Bauwerkskonzept einfließen zu lassen. Auch an dieser Stelle ist es für uns natürlich sehr nützlich, über unseren Stadionbetrieb im Rudolf-Harbig-Stadion immer „am Puls der Zeit“ zu sein.
Stadionwelt: Und welche neuen Trends und ggf. Anforderungen bei Profi-Sportstätten haben in den vergangenen Jahren immer wieder Weiterentwicklungen erfordert?
Kämereit: Das Thema des Stadionbesuchs als Erlebnis – als Event – tritt für den Zuschauer immer stärker in den Vordergrund. Hier hat in den letzten Jahren eine starke Entwicklung stattgefunden. Heute sind die Anforderungen eines Besuchers wesentlich andere als früher. Dies hat natürlich auch direkte Auswirkungen auf bauliche Belange, wie zum Beispiel im Bereich der Medientechnik, bei LED-Screens, Medienfassaden oder ähnlichem. Es bleibt abzuwarten, wie die zukünftigen Generationen den Stadionbesuch prägen werden. Die Digitalisierung und Vernetzung und nicht zuletzt das Gaming werden Themen sein, mit denen wir uns neben dem „normalen“ Sport auseinandersetzen werden.
Auf baulicher Ebene ist es natürlich wichtig, ein möglichst flexibles Stadion betreiben zu können. Dort ist nicht zuletzt die Zuschauerkapazität ein entscheidender Faktor. Beim Heinz-Steyer-Stadion in Dresden errichten wir aktuell ein Bauwerk mit einer festen Kapazität von ca. 5.000 Zuschauern. Für den Eventfall ist der temporäre Ausbau auf über 15.000 Zuschauer aber bereits vorgedacht und mit vergleichsweise einfachen Mitteln umsetzbar. Auch die Möglichkeit eines Eckausbaus gibt einem Stadion eine gewisse Erweiterungsflexibilität. Beispiele wie Regensburg und Essen machen es vor. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang stets die Dachkonstruktion, wenn man Erweiterungskonzepte in der Planung berücksichtigen möchte. Ob am Ende etwas aus einer Erweiterung wird, ist natürlich auch immer eine Frage des vorhandenen Budgets.
Stadionwelt: Welche Antworten haben Sie, sofern diese schon ersichtlich sind, auf Anforderungen zukünftiger Projekte? Dass Energieeffizienz, CO2-Abdruck und allgemeine Nachhaltigkeit stärker in den Fokus rücken, wissen wir schon jetzt. Aber es könnten z. B. auch geänderte Nutzungskonzepte nach neuen planerischen und baulichen Lösungen verlangen …
Kämereit: Die „weißen Elefanten“ früherer Weltmeisterschaften sind warnende Beispiele. Wir müssen nutzungsflexible Gebäude schaffen und hierfür bereits in der Konstruktion Anpassungsfähigkeit vordenken. Ein Stadion kann nicht den Anspruch besitzen, nur alle 14 Tage eine Veranstaltung zu beherbergen. Vielmehr gilt es, das Stadion in seine Umgebung und das Leben der Stadt einzubinden. Hierbei spielt die Skalierbarkeit der Flächen eine wichtige Rolle. Das Stadion in Regensburg, das wir 2015 errichten durften, ist hierfür ein gelungenes Beispiel: Der Businessclub im Hauptgebäude ist ein vollwertiges Konferenzzentrum, in dem in der fußballfreien Zeit zahlreiche Tagungen, Business-Events oder Firmen-Veranstaltungen unterschiedlicher Größe und Couleur stattfinden. Hierzu wurde zum Beispiel die Gebäudetechnik, insbesondere mit verschiedenen Lüftungskonzepten, speziell ausgelegt.
Möglichkeiten für unterschiedlichste Nutzungsszenarien vorzudenken und die Konstruktion hierauf vorzubereiten, wird zukünftig eine mindestens genauso zentrale Aufgabe sein, wie die Reduktion des CO2-Fußabdrucks eines Gebäudes. (Stadionwelt, 14.02.2023)
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