„Am Thema Digitalisierung kommt keiner vorbei“
Im Interview berichten Hans-Jörg Zech und Christina Michels, Gründer der Düsseldorfer Personalberatungsagentur THE SEARCH Sportmanagement, über die Folgen und Chancen der Corona-Krise im Personalbereich.
Stadionwelt: Kurzarbeit, Home Office und Budgetkürzungen – wird sich das Arbeiten im Profisport durch Corona auch langfristig verändern?
Corona hat das Thema Digitalisierung im Sport ungemein beschleunigt: Abgesagte Sportevents bzw. Reisebeschränkungen haben Vereine gezwungen, sich mit dem Thema „Digitalisierung“ und der sich daraus ergebenden digitalen Transformation in kurzer Zeit aktiv auseinanderzusetzen. Veranstaltungen mussten „vom Platz“ als digitale Veranstaltung „auf den Screen“ gebracht werden. Das Thema E-Sports hat während Corona einen Schub entwickelt, weil es eine hervorragende Möglichkeit ist, „Zuhause“ interaktiv mit anderen Sportinteressierten zu agieren und sich weiterhin mit seiner Mannschaft zu identifizieren. Denn Corona hat die Gefahr der Entfremdung von Fans und ihren Vereinen durch fehlende räumliche und emotionale Nähe enorm erhöht. Mit Digital-Knowhow haben Vereine nun die Möglichkeit, vorhandenes Datenmaterial, z. B. über Fans und ihr Kaufverhalten, zielgerichteter auszuwerten, um etwa die Fan Experience nachhaltig zu steigern. Dazu suchen sie verstärkt Mitarbeiter mit Digitalkompetenz, die kreative Wege gehen und neue Technologien und Social Media beherrschen.
Corona hat auch gezeigt, Digitalisierung und Homeoffice passen sehr gut zusammen: Neue Technologien ermöglichen effizientes Arbeiten von Zuhause und diese Möglichkeit, auch weiterhin „remote“, also aus dem Homeoffice, zu arbeiten, ist für viele Mitarbeiter mittlerweile selbstverständlich geworden. Das Thema Work-Life-Balance hat durch die Pandemie ebenfalls einen neuen Schub bekommen: Arbeit ist wichtig, Corona hat aber auch gezeigt, wie fragil das Leben sein kann. Mitarbeiter bevorzugen heute eher ein verändertes Arbeitsmodell bei dem Job, Freizeit und Familie in adäquatem Gleichgewicht sind. Ganz konkret sehen wir im Fußball, dass Kandidaten z. B. für die Arbeit an Spieltagen – in der Regel am Wochenende – vermehrt Ausgleichstage fordern. Die Idee, man arbeitet bei seinem Lieblingsverein und damit ist Mehrarbeit abgegolten, ist nicht mehr zeitgemäß. Kurz: der Arbeitsmarkt Profisport hat sich durch Corona langfristig verändert und darauf müssen wir uns alle einstellen.
Stadionwelt: Hat sich die Lage für Bewerberinnen und Bewerber in den vergangenen Wochen und Monaten stabilisiert?
Zech: Ja, die Lage am Arbeitsmarkt hat sich für Bewerber stabilisiert, mehr noch, sie hat sich eindeutig verbessert. Wir sehen, dass sich der Markt noch mehr weitergedreht hat als vor der Pandemie – weiter in Richtung eines Bewerbermarkts. Waren gute Kandidaten bereits vor Corona rar, ist es nun noch schwieriger geworden, offene Stellen optimal zu besetzen.
Gesucht werden überwiegend Kandidaten mit Digitalwissen bzw. Sales-Expertise und einigen Jahren Berufserfahrung. Davon gibt es zu wenige bzw. die, die es gibt, wissen entweder um ihre Qualitäten und sind anspruchsvoll in ihren Forderungen bzw. andere setzen aufgrund negativer persönlicher Erfahrungen in der Pandemie, verstärkt auf Sicherheit. Ein fester Job, den man kennt und in dem man sich wohlfühlt, wird häufig höher geschätzt, als die Möglichkeit, sich beruflich zu verändern und mehr Geld zu verdienen.
Darauf müssen wir uns bei unserer Kandidatensuche einstellen, dies gilt aber auch für unsere Auftraggeber, die mitunter neue Wege gehen müssen, um Top-Bewerber ins Team zu holen.
„Nehmen Sie Ihre Karriereplanung in die eigene Hand!“
Stadionwelt: Inwieweit haben sich die Anforderungen an Bewerber aus Sicht der Profisportvereine in den vergangenen Jahren verändert? Was sollten Bewerber heutzutage in jedem Fall mitbringen?
Michels: Wenn sich das Arbeiten im Profisport geändert hat, dann hat das auch Auswirkungen auf Bewerber und Arbeitgeber. Und dabei stellen wir fest, dass es zunehmend schwieriger wird, Top-Kandidaten für unsere Auftraggeber zu finden. Das liegt unter anderem auch daran, dass die Entscheider der Proficlubs in der Regel zu einer Generation gehören, deren Werte heute eine andere Gewichtung haben, als bei der neuen „Generation Sportmanagement“. Früher war es priores Ziel, einen Arbeitsplatz bei einem Proficlub zu bekommen, um den Einstieg ins Sportbusiness zu erreichen. Bedingungen und Wünsche musste man sich erst durch gute Ergebnisse erarbeiten. Heute hat sich der Markt um 180 Grad gedreht und der Arbeitgeber kann sich überlegen, ob er auf die individuellen Vorstellungen der Bewerber eingeht. Wenn Remote Work nicht möglich ist, Wochenendarbeit nicht ausgeglichen wird und ein Fitness Club Abo kein Bestandteil der Vergütung ist, dann sind das neue K.O.-Kriterien der aktuellen Bewerber-Generation, die es in der Vergangenheit in dieser dominanten Ausprägung nicht gab.
Eine sehr interessante Aufgabe, ein umfangreicher Verantwortungsbereich und ein angemessenes Gehalt sind selbstverständlich. Auf den Arbeitsort bezogen heißt das: Remote oder hyprides Arbeiten sind das Gebot der Stunde. Eine Rückkehr zu Präsenzpflicht am Arbeitsplatz passt mit der Einstellung von moderner Arbeitswelt häufig nicht mehr zusammen. Thema aktuelle Benzinkosten: Bewerber haben die Firmenwagen, die bei vielen Arbeitgebern im Sport ein Auslaufmodell sind, zurück auf die Agenda gebracht. Gerade im Vertrieb ist Mobilität enorm wichtig und ein Firmenwagen ist ein zusätzlicher Anreiz, nicht nur aus Prestigegründen, sondern auch als Gehaltsbestandteil. Die Möglichkeit, Firmenwagen mit E-Kennzeichen anzubieten, bietet für Arbeitgeber durchaus Vorteile: es ist eine CSR-gerechte Firmenwagenphilosophie, Prämien für E-Autos subventionieren das Modell, als zusätzlicher Gehaltsbestandteil schaffen sie Anreize bzw. sind mitunter notwendig, sollte der Arbeitgeber-Standort es erforderlich machen.
Stadionwelt: Mit welchen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sollten sich Arbeitssuchende befassen, die eine Karriere im Sportbusiness anstreben?
Michels: Am Thema Digitalisierung kommt keiner vorbei, es ist der Trend im Allgemeinen und natürlich auch im Sportbusiness. Dies bezieht sich auf die individuelle Anwendung ebenso wie die Kompetenz, Themen aus diesem Bereich so zu verstehen, dass sie für Partner des Vereins vorteilsmäßig genutzt werden können und am Ende den eigenen Arbeitgeber als modern dastehen lassen.
Es ist auch von Vorteil zu schauen, welche Entwicklungen es bei anderen Vereinen im In- und Ausland gibt. Was macht die Konkurrenz, wer ist State Of The Art? Lassen sich diese Entwicklungen eventuell auch auf den eigenen Bereich übertragen? Bleiben Sie neugierig!
Schließlich sollten Arbeitssuchende für sich einen Karriereplan erstellen, wo sie wann stehen möchten. Inwiefern unterstützt der Arbeitgeber diesen Plan, welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es? Nehmen Sie Ihre Karriereplanung in die eigene Hand!
Stadionwelt: Welche Expertise bringen Sie als spezialisierte Personalberatung für Ihre Kunden ein? Wie unterstützen Sie?
Zech: Es ist ganz einfach: Netzwerk, Netzwerk, Netzwerk! Plus Erfahrung gepaart mit Branchenwissen. Unsere Auftraggeber erwarten einfach von uns, dass wir den Markt und die handelnden Akteure kennen. Dieses Wissen bzw. die Verbindungen bringen die mehr als 30 Jahre mit, in denen wir in unterschiedlicher Positionierung in diesem Sportbusiness-Geschäft aktiv und präsent sind. Dadurch werden Entscheidungsprozesse enttheoretisiert und somit maximal beschleunigt – beispielsweise im Finden von bestens geeigneten potenziellen Kandidaten oder neuen Aufträgen.
Unsere Unterstützung liegt primär in der Transparenz zu Auftraggebern und Bewerbern. Wir kommunizieren ehrlich mit unseren Gesprächs-Kandidaten und informieren sie auch über die No-Go‘s unserer Auftraggeber. Dadurch müssen wir eventuell quantitativ mehr scouten, kommen aber zu besseren Ergebnissen. Und die klassische Longlist ist dann manchmal auch gar nicht so lang. Außerdem entsteht durch die permanente Interaktion mit unseren Kunden ein agiler Austausch, der dazu führt, dass Vorgaben noch rechtzeitig im Prozess angepasst werden können, um die übergeordneten Ziele zu erreichen. (Stadionwelt, 10.05.2022)
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