„Wir bieten den kompletten Eishallen-Check“

Said Hakim, Geschäftsführer der ISS Gmbh I Ice, Sports & Solar, spricht über den Zustand der Infrastruktur des deutschen Eissports. Er zeigt Wege für Hallenprojekte auf und stellt dar, welche Lösungen und Leistungen er mit seinem Unternehmen anbietet.

Said Hakim, Geschäftsführer der ISS Gmbh I Ice, Sports & Solar
Said Hakim, Geschäftsführer der ISS Gmbh I Ice, Sports & Solar Bild: ISS GmbH | Ice, Sports & Solar

Stadionwelt: Der Investitionsstau bei den deutschen Eishallen ist bekannt, nimmt aber gegenüber anderen kommunalen Objekten keine Sonderstellung ein. Werden denn die Eishallen von Förderprogrammen nennenswert profitieren können?
Hakim: Prinzipiell haben Eishallen bei keinem Programm eine Sonderstellung, sie stehen immer in einer Liste mit vielen infrastrukturellen Projekten. Hier gab es auch erst kürzlich Fördermöglichkeiten von bis zu 90%, abhängig von der jeweiligen Finanzlage der Kommune. Auch das Wissen über und die Unterstützung bei Förderungen gehört natürlich zu unseren Aufgaben. Eishallen haben ja viele Bereiche, die Gegenstand von Förderungen sein können: Die Banden, Eistechnik, Kältetechnik, Klimatechnik, das Licht oder das Dach. Mir ist jedoch aktuell kein spezielles Eishallen-Förderprogramm bekannt. Aber von Förderungen profitieren? Ja, das geht grundsätzlich auch in der Zukunft. Man darf da optimistisch herangehen.

Stadionwelt: Gibt es eine Pflicht für Kommunen, eine Grundversorgung an Eissport-Infrastruktur zu schaffen?
Hakim: Eishallen sind mit den Schwimmbädern vergleichbar. Die Situation in Deutschland ist die, dass mehr von Schließungen als von Neubauten gesprochen wird. Und mir ist keine Verpflichtung per Grundversorgung bekannt. Der Sportplatz oder die Dreifeldhalle verursachen weniger Kosten. Eis- und Schwimmhallen stehen dagegen immer am Ende der Nahrungskette. Wir stehen vor der Problematik, dass der Bestand aus den 1970er Jahren nach rund 50 Jahren bald schon zum Ende der möglichen Betriebszeit kommt, wenn nicht kontinuierlich in Wartung und Erhalt investiert wurde. Die Realität ist die, dass viele Objekte totgespart werden und dem sicheren Ende entgegen gehen. Wir reden hier von einem erheblichen Investitionsstau. Wenn es im Juli/August wieder darangeht, die Eishallen für die nächste Saison zu öffnen, drohen wie schon in den Vorjahren vereinzelt wieder Notfälle oder Ausfälle. Und wenn die Kosten für die Instandsetzung außerhalb des kurzfristig möglichen Rahmens liegen, geht es dann potenziell auch wieder gleich um die Stilllegung bzw. Schließung oder im besten Falle die schnellstmögliche Sanierung von Eishallen.

Stadionwelt: Wie verhält es sich bei maroden Bestandshallen mit der Frage bezüglich Sanierung oder Neubau?
Hakim: Alles ist sanierbar… aber: Die Kosten können hier bei entsprechendem Sanierungsstau auch schon mal über denen eines Neubaus liegen. Das größte Problem hierfür ist jedoch, dass man dann baurechtlich eine andere Beschlusslage braucht und an selber Stelle womöglich die Genehmigung für ein solches Objekt nie mehr bekäme. Und wenn doch, hat man zwei Jahre Ausfall, bis die neue Halle steht. Da brechen den Vereinen nicht nur die Jahrgänge und Mitglieder sondern auch schnell die ganze Basis Ihres Bestehens weg. Die Suche nach einem neuen Standort ist heutzutage äußerst schwierig – wegen der Anforderungen des Baurechts, auch ist Land dort, wo es Sinn macht für ein solches Projekt, kaum zu bekommen und zu bezahlen. Hier spielt dann natürlich auch immer die politische Gemengenlage eine Rolle, wie man jetzt gerade am Beispiel Freiburg sieht. Wobei wir hier als einziges Unternehmen in unserer Branche zu 100% nach Gold-Standard klimaneutral zertifiziertes Unternehmen, das seine Eisbahn Produkte nicht nur TÜV-zertifiziert, sondern auch „klimaneutral“ zum Kauf anbietet, unseren Kunden schon Hilfestellungen auch, wenn es um den ökologischen Fußabdruck der Eisbahn geht, geben können.

Stadionwelt: Und woran liegt es bei den Eisanlagen am häufigsten, wenn Probleme offenkundig werden?
Hakim: Bei den Altanlagen ist es oft die Betonpiste mit der NH3-Anlage. Eine mangelhafte Dämmung führt im Alter unweigerlich zu Hebungen der Eisanlage, was zu Brüchen in der Verrohrung führen kann. Dort kommt es nach so langer Zeit auch immer wieder zu Korrosionsschäden oder Ablagerungen in der Verrohrung, die schnell zu einem Problem werden können. In der Kälteanlage kann es zu ganz verschiedensten Defekten kommen. Stark abhängig auch immer von der Regelmäßigkeit und der Qualität der Wartungen. Wir erleben aber auch, dass z. B. Schaltschränke der Anlagen nicht mehr abgenommen werden. Meist ist es auch schwierig, nach 40 Jahren noch an die Baupläne zu kommen. Unabhängig, ob es sich um die Eisbahn, Bande oder Kältetechnik handelt. Und wenn man mal Pläne findet, ist es nicht nur einmal vorgekommen, dass man feststellt, so hätte das eigentlich nie gebaut werden dürfen.

Mit ICEGRID® sanierte Trainingshalle HELIOS Arena Schwenningen.
Mit ICEGRID® sanierte Trainingshalle HELIOS Arena Schwenningen. Bild: ISS GmbH | Ice, Sports & Solar

Stadionwelt: Es gibt doch verschiedene Interimslösungen. Was sagen Sie beispielsweise zum Modell der Traglufthalle?
Hakim: Eine Traglufthalle ist eine von vielen Möglichkeiten. Wir arbeiten sehr vertrauensvoll mit einem Partner zusammen und können hier ein tolles Produkt anbieten. Allerdings handelt es sich hierbei um keine Lösung, die man mal eben von kurz auf gleich bereitstellen kann. Und wir sprechen hier natürlich auch über eine entsprechende Investition. Wichtig ist es immer, die passende Lösung für das jeweilige Projekt anbieten zu können. Eines der Szenarien ist es zum Beispiel, die Traglufthalle als Übergangslösung für einen bestimmten Zeitraum zu nehmen, während die Eishalle saniert oder eine neue gebaut wird. Dabei können wir das später fest verbaute ICEGRID® Eisbahnsystem schon temporär in der Traglufthalle einsetzen. Dies wird möglich, da unser System weder mit Sand, noch mit Beton verfüllt wird. Hier muss der Kunde also keine vorübergehende Mietlösung wählen, die zusätzlich Geld kostet, sondern nutzt sein späteres Arena-Eis schon für die temporäre Lösung und hat dabei, was Eis und Nachhaltigkeit angeht, die Königslösung wie von uns weltweit inklusive für Olympische Spiele verbaut. Ebenso verhält es sich mit der neuen Bande. Auch hier können wir spezielle mobile Steher verbauen und danach wird die Bande ganz normal fest am Betonring in der Arena verschraubt. Ein anderes Modell ist es, eine Traglufthalle mit der Option eines eventuellen späteren Umzugs nach 10, 20 oder 30 Jahren einzusetzen. Hier bietet man der Kommune in den Gesprächen eine Flexibilität an, die es sonst nicht gibt und die Kommune weiß Sie hat, wenn ein Investor irgendwann mal viel Geld auf dem Land investieren will, Zugriff auf das Land. Selbstverständlich im Austausch für ein Ersatzgrundstück. Diese Flexibilität bei gleichzeitiger Qualität des Gebäudes bietet nur eine gute Traglufthalle.

Stadionwelt: Manchmal sind einfach schnelle Lösungen gefragt, um die Halle für die Saison betriebsbereit zu bekommen. Geht das?
Hakim: Als schnelle Lösung und Übergangslösung bietet ISS die komplette Technik von der Eisbahn über die Bande hin zur Kältetechnik auch zur Miete an. Die Standardgröße in Deutschland, die klassisch „olympische“ Größe ist 60 x 30 m. Da die Regeln aber eine Verkleinerung auf bis zu 56 x 26 m erlauben, sind hier mit etwas Kreativität viele Interimslösungen möglich, bei denen man eine mobile Anlage auf bzw. in die bestehende Anlage verbaut. Sollte eine neue Eisfläche notwendig sein, empfehlen wir unseren Kunden auch immer schon die Fläche zumindest in der Breite an das neue IIHF Rulebook anzupassen und diese auf 26 m zu verschmälern. Hier sparen die Kunden nicht nur bei Investition und Betriebskosten, sondern sie folgen auch dem Gedanken hinter diesen Anpassungen. Nämlich das Spiel attraktiver, da schneller und intensiver zu gestalten.

Stadionwelt: Welche Leistungen und Lösungen bieten Sie Eishallenbetreibern an, die technische Probleme haben?
Hakim: Wir bieten den kompletten Eishallen-Check, aber auch Unterstützung in Einzelaspekten. Der Check bietet eine breite Auswahl an verschiedenen Themen wie z.B. der Wärmebildmessung mit Blick auf die Eispiste und die Gebäudeisolierung, den Bandencheck und Kontrolle der Kältetechnischen Einrichtungen, etc. Wir führen als zertifizierter Kältetechnikbetrieb auch Wartungen durch und bieten, wie angedeutet, praktikable und bewährte Lösungen an.

Stadionwelt: Muss man auch betrieblich machbare Modelle für jeden Standort entwickeln und die Zusammenarbeit von Kommune und privaten Investoren suchen?
Hakim: Es ist schwer möglich, Standorte miteinander zu vergleichen. Die Realität ist, dass die Gemengenlage, die wir vorfinden, fast überall unterschiedlich ist. Es gibt Standorte mit starken Vereinen, die auch Finanzmittel haben, woanders muss man sich erst einmal hartnäckig gegen Widerstände der Stadt durchsetzen, usw. Andere Kommunen wiederum sind interessiert, haben aber zunächst nicht die Mittel. Tritt ein privater Investor auf den Plan, ist diesem der örtliche Verein eher ein Hemmnis bei der Vermarktung seiner Angebote. Manche Standorte haben eine große Eishockey-Tradition und es sitzen auch die richtigen Leute an den Hebeln. Es gibt einfach keine Schablone – und damit auch keine fertigen Lösungen. Man muss immer eine Analyse durchführen und das Projekt basierend auf den örtlichen Bedingungen angehen. Wir stehen den jeweiligen Protagonisten dabei gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Stadionwelt: Welche Ansätze kommen aus dem Eissport selbst, etwa seitens des DEB?
Hakim: Da gibt es sehr vielversprechende Ansätze, die mir Hoffnung machen. Wobei das in den Landesverbänden noch unterschiedlich ausgeprägt ist. Hier spielt natürlich auch die Größe und die jeweilige Eissport-Tradition eine wichtige Rolle. Mit einem Rainer Maedge und seinem Team ist beispielsweise der EV NRW ein starker Verband. Ich bin aber auch sehr froh, dass mit der Initiative des DEB jetzt im Zeichen des Wandels von oben herab Unterstützung und Engagement zu verzeichnen ist. Man ist sich der Infrastruktur-Problematik bewusst. Nun gilt es, den Rückenwind zu nutzen, den das Eishockey auch aufgrund der Erfolge des DEB-Teams und der Legionäre wie Draisaitl und Stützle in Deutschland derzeit hat.

Unter Franz Reindl und Michael Pfuhl beim DEB ist ja auch die Gründung des DEB Facility Pools mit Protagonisten wie uns ISS und unserem Licht-Parter Hudson gelungen. Ich kann sagen: Innerhalb des DEB Facility Pools glühen die Leitungen. Das sind keine Lippenbekenntnisse. Wir stehen per Telefon und Videokonferenzen in ständigem Austausch. Der DEB kann zwar keine finanziellen Mittel einbringen – aber er kann ein Klima fördern, in dem die Eishockey-Landschaft aufblüht. Bislang ist das breite Echo schon sehr positiv. (Stadionwelt, 06.05.2021)

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