Die Veranstaltungsbranche schlägt Alarm

Kaum eine Branche wurde derart von COVID-19 getroffen wie die Veranstaltungswirtschaft. Anpassungen waren durch Verbote kaum möglich. Um der Branche Gehör zu verschaffen bildeten sich Initiativen.

Dass sich die Event-Branche nicht tatenlos ihrem Schicksal der Insolvenz aufgrund von Veranstaltungsverboten ergeben wollte, wurde besonders eindrucksvoll in der Nacht vom 22. auf den 23. Juni 2020 deutlich. In ganz Deutschland strahlten verschiedenste Gebäude der Veranstaltungswirtschaft rot. Die Aktion „Night of Light“ sollte auf die dramatische Lage der betroffenen Unternehmen in der Veranstaltungsbranche aufmerksam machen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war die Initiative „#Alarmstufe Rot“ vielen ein Begriff – das Signal kam auch in der Politik an, selbst wenn für die Initiative nicht die gewünschte Reaktion erfolgte.

Sich selbst bezeichnet „#Alarmstufe Rot“ als ein Bündnis der einflussreichsten Initiativen und Verbände der deutschen Veranstaltungswirtschaft. Dazu gehören unter anderem der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft und der Famab Kommunikationsverband von Messebauern. Auch Event-Unternehmen, Marketing-Agenturen und die Vertretung der Schausteller und Marktkaufleute sind beteiligt. Insgesamt sind etwa 9.000 Unternehmen, über 200.000 Beschäftigte und mehr als 10.000 Auszubildende durch das Bündnis vertreten. Die Follower auf den Sozialnetzwerken summieren sich auf fast 80.000. Ihr Ziel formuliert „#Alarmstufe Rot“ klar: „Die Initiative stellt konkrete Forderungen an die Regierung, um den sechstgrößten Wirtschaftszweig Deutschlands mit seinen Millionen von Arbeitsplätzen zu retten.“

Die „Night of Light“ war der Startschuss für die Initiative, die danach aber nicht stumm blieb. Denn die Lage ist ernst, wie dort immer wieder betont wird. Seit März sind Großveranstaltungen verboten und sie werden es wohl noch eine ganze Weile bleiben bzw. zumindest stark eingeschränkt. Zusammen mit dem Planungsverlauf für neue Veranstaltungen sorgt dies laut der Initiative für einen Umsatzausfall zwischen 80 und 100%. „Dem sechstgrößten Wirtschaftszweig Deutschlands mit 130 Mrd. Euro Umsatz und 1 Mio. Beschäftigten ist seit Beginn der COVID-19-Krise jede Arbeitsgrundlage entzogen worden“, formuliert es die Initiative. Die Konsequenz sei eine akute Insolvenzgefahr für die ganze Branche. Ihre Forderungen und Sorgen konnte die Initiative sogar in einem direkten Dialog mit der Politik kommunizieren. Mitte Oktober trafen sich die Initiatoren von „#Alarmstufe Rot“ mit Finanzminister Olaf Scholz im Finanzministerium. „#Alarmstufe Rot“ legte konkrete Vorschläge für finanzielle Hilfen vor, wie die Anerkennung von entgangenen Vermittlerprovisionen als Fixkosten oder die Erstattung von Veranstaltungskosten, die aufgrund der Hygienemaßnahmen notwendig geworden sind. Das Ministerium kündigte an, die Vorschläge zu prüfen, Olaf Scholz bestätigte, dass in den Überbrückungspaketen für die Veranstaltungsbranche noch Luft nach oben sei.

Hoffnungszeichen für die Event-Branche

Zunächst schienen die Gespräche aus Sicht der Initiative fruchtlos verlaufen zu sein. Mit deutlichen Worten kritisierte „#Alarmstufe Rot“ die veranlassten Novemberhilfen und bezeichnete diese sogar als Etikettenschwindel. Nur wenige Tage später vermeldete die Initiative aber einen Erfolg. Endlich war es ihr gelungen eine „Exklusion“ der Veranstaltungswirtschaft in den Novemberhilfen zu verhindern. Im alten „Term Sheet“ waren nach Angaben von „#Alarmstufe Rot“ noch 88% der Betriebe und Solo-Selbstständigen der Veranstaltungswirtschaft ausgeschlossen. Für einen großen Teil wurden nun nach Gesprächen mit dem Ministerium der Zugang zu den Hilfen eröffnet. Nicht nur Betriebe die direkt von Schließungen betroffen sind, werden jetzt unterstützt, sondern auch deren Zulieferer, die jedoch ebenfalls große Verlusteinnahmen durch das Veranstaltungsverbot beklagen müssen. „Nach Monaten ohne Umsätze, Erträge und Finanzhilfen ist diese Entscheidung ein Hoffnungszeichen“, so die Initiatoren.

„#Alarmstufe Rot“ ist sicherlich die größte während der Corona-Pandemie entstandene Initiative – sie schließt dabei verschiedene andere Aktionen ein. Die „Initiative für die Veranstaltungswirtschaft“ ist ein Teil des Bündnisses und möchte auf ähnliche Themen aufmerksam machen wie „#Alarmstufe Rot“. Konkret formuliert die Organisation ihre Ziele als zunächst ein „sichtbar“ machen der Veranstaltungswirtschaft. Aufbauend darauf möchte die Initiative verdeutlichen, dass die Branche in der Lage ist, Veranstaltungen sicher und Corona-konform durchzuführen. Und es kommen weitere Initiativen hinzu. Mit Pro Event tauchte im Oktober eine neue Organisation auf, auch sie stellte konkret einen Aktionsplan vor. Ihr geht es um mehr Einfluss in der Politik und übergeordnet um das Überleben der Veranstaltungsbranche. Konkret fordern sie Einheitlichkeit und Verlässlichkeit bei den einzuhaltenden Auflagen.

Ein Ende der Pandemie ist trotz der Hoffnung auf den Impfstoff noch immer nicht vorherzusehen. Selbst wenn die Welt wieder zur Normalität zurückkehrt, werden viele Veranstalter hierzu nicht mehr imn der Lage sein, befürchten die Initiativen. Diese warnen nämlich vor einer Insolvenzwelle in der Branche und somit auch einem kulturellen Verlust in Deutschland. Laut Umfragen werden im Dezember 40% der Branchenbetriebe insolvent sein. So lange die Pandemie anhält und keine großen Veränderungen in den Hilfsprogrammen vorgenommen werden, werden „„#Alarmstufe Rot“ und noch viele andere Initiativen laut und sichtbar bleiben. (Stadionwelt, 07.12.2020)