„Eine Unverwechselbarkeit des Stadions erreichen“

Der Umbau des Merck-Stadions am Böllenfalltor ist in vollem Gange. Im Interview spricht Gunter Weyrich, Leiter des Frankfurter Büros der 1100 Architekten, über das Projekt, die Ziele und den Zeitplan.

Gunter Weyrich
Gunter Weyrich Bild: 1100 Architekten
Stadionwelt: Beschreiben Sie kurz Ihr architektonisches Konzept für das Stadion am Böllenfalltor.
Weyrich: Das architektonische Konzept basiert auf der Grundlage, dass wir den Geist des seit 90 Jahren bestehenden Stadions mit einer modernen Architektursprache kombinieren wollten. Gleichzeitig war es uns ein großes Anliegen, eine Unverwechselbarkeit des Stadions für den Besucher zu erreichen. In einer Zeit, in der viele Sportstätten doch recht anonym und austauschbar erscheinen, wollten wir bewusst eine eigenständige Identität erzeugen, was uns sicher mit der Dachkonstruktion gelungen ist.

Stadionwelt: Das Projekt Darmstadt ist in vollem Gange. Wie weit fortgeschritten sind die Arbeiten? Sind Sie zufrieden mit dem Status Quo?
Weyrich: Das Projekt teilt sich wiederum in drei Teilprojekte auf: 1.: Das Funktionsgebäude mit dem Trainingszentrum, der Geschäftsstelle, dem Fanshop und auch Flächen für den Breiten- und Schulsport. 2.: Der Umbau der Gegengeraden inklusive Infrastruktur. 3.: Der künftig geplante Umbau der Haupttribüne (der ab circa Anfang 2020 geplant ist). Die Bauarbeiten am Teilprojekt 1 sind im vollen Gange, Ende Januar wird die Fassade montiert und mit dem Innenausbau begonnen. Das Teilprojekt 2 hat Ende 2018 begonnen, aktuell laufen die Rückbauarbeiten der Bestandstribüne, die Neuerrichtung des Tribünenbauwerks wird im Frühjahr 2019 starten. In Summe sind wir recht zufrieden mit dem Status.

Stadionwelt: Die Fertigstellung des Funktionsgebäudes war für Sommer 2019 und die der Gegengeraden Ende 2019 geplant. Kann der Zeitplan eingehalten werden?
Weyrich: Derzeit sind wir optimistisch, den Zeitplan einhalten zu können.

Visualisierung des umgebauten Merck-Stadions am Böllenfalltor in Darmstadt.
Visualisierung des umgebauten Merck-Stadions am Böllenfalltor in Darmstadt. Bild: 1100 Architekten

Stadionwelt: Welche besonderen Herausforderungen bringt das große Projekt mit sich?
Weyrich: Die Herausforderung liegt darin, ein altes Stadion, das sich in fast allen Belangen nicht auf der Höhe der Technik befindet, im Spielbetrieb umzubauen. Dazu gibt es viele Schnittstellen zum Bestand.

Stadionwelt: Konnten alle geplanten Maßnahmen umgesetzt werden oder mussten Pläne verworfen und geändert werden?
Weyrich: Das Projekt war von Anfang an so konzipiert, dass wir versuchten, so viel wie möglich mit dem Budget zu erreichen. Deshalb haben wir beispielsweise von Anfang an die Hintertortribünen als „zu erhalten“ eingestuft, um die Projektgrenze so klein wie möglich zu halten, was finanziell positive Aspekte mit sich bringt. Trotzdem hat der aktuelle Markt uns gezwungen, einige Vereinfachungen am Dachtragwerk durchzuführen.

Stadionwelt: Bei mehreren Stadion-Projekten hörte man in der jungen Vergangenheit von Verzögerungen durch eine „Hochkonjunktur im Baugewerbe“. Deshalb steigen auch die Kosten. Welche Rolle spielt der Faktor in Darmstadt und wie bewerten Sie diesen?
Weyrich: Der Faktor hat auch in Darmstadt eine wichtige und durchaus schwierige Rolle gespielt. Die Arbeiten an der Gegentribüne wurden Ende 2017 europaweit als Generalunternehmerpaket ausgeschrieben. Trotz vieler Interessensbekundungen diverser Unternehmen lag am Ende der Angebotsfrist im April 2018 nur ein Angebot vor, das sehr deutlich über dem Zielbudget lag. Im anschließenden Verhandlungsverfahren, das fast ein halbes Jahr andauerte, konnten wir – durch die o. g. Vereinfachungen und Nachverhandlungen – zumindest in einen finanziellen Korridor gelangen, der das Teilprojekt „Gegentribüne“ ermöglichte. Es ist uns aber durchaus bewusst, dass auch die Generalunternehmen vor Herausforderungen stehen, passende Angebote von Nachunternehmen zu bekommen.

Stadionwelt: Die einzelnen Bauabschnitte werden nacheinander angegangen. Das bedeutet auch jeweils neue Ausschreibungen und mögliche Verzögerungen. Wie wirkt sich die Aufteilung in mehrere Abschnitte auf die Arbeitsweise in Darmstadt aus?
Weyrich: Die Aufteilung war aus verschiedenen Gründen notwendig, insofern stellt das die Realität dar, mit der wir arbeiten. Die Zusammenarbeit mit dem Verein und auch der Stadt ist sehr positiv, das färbt auf die gesamte Arbeitsweise ab.

Stadionwelt: Wie sieht Ihr Zwischenfazit aus?
Weyrich: Es gibt noch sehr viel zu tun, aber wir sind uns sicher, dass der SV Darmstadt 98 ein attraktives, alt und neu verbindendes und zukunftsträchtiges Stadion erhält. Wir freuen uns auf die nächsten Schritte! (Stadionwelt, 21.01.2019)

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