„Die neue begehbare Plaza ist einzigartig“

Im Interview mit Stadionwelt spricht Claas Schulitz, Inhaber der SCHULITZ Architekten GmbH, über den zweigeschossigen Anbau am Eisstadion am Pulverturm in Straubing, der vom Nachwuchs genutzt wird.

Claas Schulitz
Claas Schulitz Bild: Roland Pabel, Schulitz Architekten GmbH
Stadionwelt: Im zweigeschossigen Anbau entstehen eine neue Geschäftsstelle für die Straubing Tigers, ein verbessertes Gastronomieangebot für die Besucher und – vor allem – neue Kabinentrakte für die vielen Nachwuchsmannschaften. Seit Sommer 2022 laufen die Arbeiten. Was ist bislang bereits passiert?
Schulitz: Dem Baubeginn am 29. Juli 2022 – dem Abbruch des Erdwalls – oder am 10. Januar 2023, als mit dem Rohbau der Bodenplatte begonnen wurde, ging eine intensive Planungsphase voraus, bei der wir die Wünsche der Stadt und der Nutzer in den Entwurf eingearbeitet haben. Das Eisstadion wird zu einem beeindruckenden Sportzentrum erweitert – neben den von Ihnen erwähnten Funktionen kommen auch Schulungsräume und Trainingsbereiche dazu. Auf der Baustelle ist der Anbau in vollem Ausmaß bereits zu erkennen. Der Rohbau läuft und weitere Gewerke werden in Kürze vergeben.

Die Arbeiten am Rohbau sind in vollem Gange.
Die Arbeiten am Rohbau sind in vollem Gange. Bild: Roland Pabel, Schulitz Architekten GmbH

Stadionwelt: Die Stadt Straubing und die Betreiber des Eisstadions sind erwartungsvoll und freuen sich auf eine „massive Aufwertung des Stadions und der Infrastruktur“, hauptsächlich für den Nachwuchs, aber auch für die Besucher. Was ist das Besondere an diesem Projekt, was macht es aus und was sind die nächsten Schritte?
Schulitz: Im Eisstadion werden neue dringend benötigte Umkleidebereiche geschaffen, die sich zurzeit in den beengten Baucontainern befinden. Neben den zusätzlichen bereits erwähnten Funktionen wie Trainingsbereiche ist die neue begehbare Plaza über dem Umkleidebereich einzigartig. Den Besuchern wird ein neuer überdachter Aufenthaltsbereich zwischen der bestehenden Eishalle und dem Anbau angeboten. Daran angelagert befinden sich neben den neuen WC-Anlagen zwei Kioske und ein Gastronomieraum für 300 Personen, der in den Pausen zum Verweilen einlädt.

Der Anbau am Eisstadion am Pulverturm soll vor allem dem Nachwuchs und der Öffentlichkeit dienen.
Der Anbau am Eisstadion am Pulverturm soll vor allem dem Nachwuchs und der Öffentlichkeit dienen. Bild: Roland Pabel, Schulitz Architekten GmbH

Stadionwelt: Welchen Zweck erfüllt in diesem Zusammenhang die begehbare Plaza im Obergeschoss – vor allem auch abseits des Spieltagsbetriebs?
Schulitz: Der Bauherr wünscht, auch in den Sommermonaten die Plaza für Sportveranstaltungen, die im angelagerten Park stattfinden, zu nutzen und damit auch Synergien zu anderen Sportarten über den professionellen Eishockeysport hinaus mit der Anlage zu schaffen. Dieser Ansatz spiegelt sich auch in einer freizugänglichen, behindertengerechten WC-Anlage im Erdgeschoss wider, die den Besuchern des Parks auch außerhalb des Stadionbetriebs zur Verfügung gestellt wird.

Bild: Roland Pabel, Schulitz Architekten GmbH
Stadionwelt: Warum fiel der Zuschlag auf Ihr Unternehmen? Mit welchen Argumenten hat sich SCHULITZ Architekten gegen die Konkurrenz durchgesetzt?
Schulitz: Das Büro SCHULITZ Architekten verfügt über große Erfahrungen in der Planung und Umsetzung von Sportbauten. Neben Stadien und Turnhallen hat das Büro in den letzten Jahren viele Eishallen geplant und umgesetzt. Unter anderem sind hier die Eishallen in Wolfsburg, Köln (Lentpark) und Bietigheim-Bissingen zu nennen.

 

Stadionwelt: Aufgrund kleiner Verzögerungen verschiebt sich die Eröffnung von Ende 2023 auf das Frühjahr 2024. Welchen Einfluss hat dies auf die kommende Eishockeysaison? Kommen Einschränkungen auf die Besucher zu?
Schulitz: Bis zur Fertigstellung des Rohbaus im Sommer 2023 ist mit Einschränkungen bei der Entfluchtung der Südtribüne zu rechnen. In der kommenden Saison sollten diese Einschränkungen bereits kein Thema mehr sein und der Rohbau so weit ertüchtigt werden, dass die bestehende Südtribüne im Stadion wieder voll besetzt werden kann.

Lichtdurchlässige PV-Module tragen zur Nachhaltigkeit bei.
Lichtdurchlässige PV-Module tragen zur Nachhaltigkeit bei. Bild: Roland Pabel, Schulitz Architekten GmbH

Stadionwelt: In der frühen Planungsphase rechnete die Stadt Straubing mit Gesamtkosten in Höhe von rund 5 Mio. Euro. Inwieweit konnte dieser Kostenrahmen im Verlauf des Projekts eingehalten werden?
Schulitz: Aktuell können wir das Budget noch halten, sodass über die Abbrucharbeiten, die Ertüchtigung der Bodenverhältnisse bis hin zum Rohbau keine nennenswerten Kostensteigerungen zu verzeichnen sind. Bleibt zu hoffen, dass wir bei den anstehenden Gewerken trotz der massiven Preissteigerungen im Bausektor die Budgets noch halten.

Stadionwelt: Neben der Nutzung als Heimspielstätte der Straubing Tigers entfallen rund 85 % der Nutzungszeiten auf Nachwuchs und Öffentlichkeit. Wie meistert man diesen Spagat?
Schulitz: Unsere Erweiterung des Eisstadions dient in erster Linie nur dem Nachwuchs und der Öffentlichkeit. Die Räumlichkeiten der Tigers sind davon unabhängig weiterhin unter der Südtribüne angeordnet, sodass hier eine klare Trennung der Bedürfnisse gegeben ist. Nichtsdestotrotz werden natürlich auch die neuen Angebote von Fitness- und Schulungsräumen allen Sportlern des Eisstadions zur Verfügung stehen und damit ein reger Austausch zwischen Profis und Nachwuchs gefördert.

Die überachte Plaza soll Platz für Kioske, Gastronomie und Veranstaltungen bieten.
Die überachte Plaza soll Platz für Kioske, Gastronomie und Veranstaltungen bieten. Bild: Roland Pabel, Schulitz Architekten GmbH

Stadionwelt: Einen besonderen Fokus legen Sie auf die Nachhaltigkeit. Der Anbau soll eine Wärmerückgewinnungsanlage und ein Photovoltaik-Glasdach erhalten. Welche Vorteile erhoffen Sie sich dadurch?
Schulitz: Neben den begrünten Flächendächern mit PV-Anlage sieht unser Entwurf auch eine fast vollständige Überdachung des Freibereichs zwischen den Gebäudeteilen mit einer Stahlkonstruktion und Photovoltaikmodulen – Hochleistungssolarzellen mit einer Lichtdurchlässigkeit von 20 % - vor. Die Dachkonstruktion schützt vor Witterung und Sonne bei gleichzeitiger Lichtdurchlässigkeit, erspart den Winterdienst auf dieser Fläche und erzeugt jährlich ca. 95.000 kWh Strom, welcher hauptsächlich durch Eigennutzung im Eisstadion verbraucht wird.

„Nachhaltiges Bauen war und ist für unser Büro schon immer ein wichtiges Thema gewesen.“

Stadionwelt: Inwieweit wurden auch bei der Konzeption und Ausführung des Baukörpers die Kriterien für nachhaltiges Bauen berücksichtigt?
Schulitz: Nachhaltiges Bauen war und ist für unser Büro schon immer ein wichtiges Thema gewesen. Bei der Erweiterung der Eishalle wird selbstverständlich ein außenliegender Sonnenschutz für den sommerlichen Wärmeschutz eingeplant. Niedertemperatur-Heizungsanlagen, die die Abwärme der Kälteanlagen nutzen sind selbstverständlich. Synergien aus der Abwärme der Kältetechnik zu den Wärmeverbrauchern wie Heizung und Warmwasser werden in einem Gesamtkonzept in Einklang gebracht und lassen die Anlage weitaus wirtschaftlicher arbeiten als man es üblicherweise von Eishallen erwartet. (Stadionwelt, 17.05.2023)

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