„Alle stellen sich ständig auf alles ein – auch die Versicherer“

Christian Raith, mit der erpam GmbH spezialisierter Makler im Entertainment- und Eventbusiness, spricht über die Versicherung von Veranstaltungen in der Corona-Pandemie und weitere Ausfallrisiken wie Kriege und Wetterereignisse.

Stadionwelt: Herr Raith, welche aktuellen Entwicklung rund um die Versicherung von Veranstaltungen sehen Sie?

Christian Raith Bild: Felix Holzer
Raith: 2020 waren alle Events mit den üblichen Ausfallversicherungen abgedeckt, vor der Pandemie standen in den Konditionen auch keine Ausschlüsse von Pandemien. Wir haben rund 120 Ausfall-Schäden mit etwa 150 Mio. Euro abgewickelt und ausgezahlt. Der Hintergrund ist, dass wir über die Konditionen der Versicherungsgesellschaften hinaus eigene Bedingungen haben. Ab einem Punkt im April war dann klar: Es sind alle betroffen. Wir konnten Viele retten – das war mal positiv, wirklich helfen zu können. Aber das ist noch nicht das endgültige Bild, weil etliche Verlegungen und Absagen noch in der Schwebe sind. Klar ist aber, dass man sich jetzt weltweit nicht mehr gegen Pandemien versichern kann. 2021 gab es fast gar keine Veranstaltungen mehr zu versichern.

Viele Unternehmen, die eigentlich rund um Tourneen aktiv waren und sich immer versichern mussten, haben sich im Lockdown anderweitig betätigt. Es fanden ja viele Formate dann als hybride Events statt, sodass auch bei uns Themen wie Ausfälle beim Streaming auf die Tagesordnung kamen. Die Veranstalter haben auch versucht, auf anderem Wege Content zu generieren als bisher. Sie hatten keine Bilder und Stories mehr für ihre Social-Media-Kanäle und mussten umdenken.

Bei Outdoor-Events droht nicht nur durch das Wetter Unheil. Bild: Raith

Stadionwelt: Ist eine neue Normalität schon wieder hergestellt?
Raith: Aktuell ist immer noch keine Normalität wieder hergestellt, immer noch gibt es viele Verschiebungen, entfallene Events sind noch nicht neu im Kalender. Die Veranstaltungen könnten jetzt laufen, aber überall, ob bei kleineren Präsentationen oder Konzerten, stehen noch Fragezeichen. Wir werden im Sommer wieder Festivals mit 80.000 Besuchern outdoor haben, aber die Stimmung ist insgesamt schon gemischt. Das läuft noch nicht wieder mit Vollgas. So wird dann auch das Versicherungs-Thema oft noch nach hinten geschoben. Aber uns ist schon der Ausblick positiv, dass die Maschinerie wieder anläuft. Es ist dennoch überall zu sehen, dass die Themen Material und Personal sich jetzt als problematisch erweisen, weile viele Kräfte abgewandert oder noch nicht wieder greifbar sind. Große Events parallel durchzuführen, lässt sich da kaum realisieren.

Stadionwelt: Wie haben sich die Erwartungen an die Veranstaltungsbranche und somit die Risiken im Versicherungsbereich verändert?
Raith: Jetzt befinden wir uns in einer Phase, in der wir wieder fleißig Angebote schreiben. Es hat sich viel geändert: Die Versicherer haben Pandemien ausgeschlossen und die Prämien trotzdem hochgezogen. Weniger Leistung also teurer geworden. Dennoch: Die Versicherung bleibt für Veranstalter extrem wichtig. Der Trend zu Wetter-Kapriolen hat sich bestätigt, bekanntlich leider auch mit den schweren Überschwemmungen. So etwas wird immer unvorhersehbarer. An einem Ort kann wegen der Trockenheit die Brandgefahr stiegen, während gleich nebenan eine Flut alles unter Wasser setzt. Des Weiteren sind Stürme, Attentate und Stromausfälle Gefahren, mit denen Veranstalter rechnen müssen – nach wie vor auch aus Gründen der Pietät. Man muss nicht unmittelbar betroffen sein. Manchmal reicht ein fernes Ereignis, und es ist dennoch undenkbar, eine Veranstaltung durchzuführen. Diese Frage stellte sich jetzt z. B. wegen des Krieges.

Neustart – aber unter anderen Konditionen als zuvor. Bild: Raith

Die Ausfallversicherung bleibt also wichtig, auch die Bedeutung von Technik- und Haftpflicht-Versicherungen ist unverändert. Die Versicherer sind vorsichtiger geworden, aber die Kapazitäten sind auf dem Markt, alle Anbieter sind noch dabei, es kann alles versichert werden.

Stadionwelt: Ihr Blick in die Zukunft – geraten wir unabhängig von der Pandemie in ganz andere kritische Lagen?
Raith: In Zukunft wird sich an alledem voraussichtlich grundsätzlich nicht viel ändern, wobei die Themen Trockenheit und Brand, bzw. Unwetter, Sturm und Überflutung schon noch drängender werden könnten. Viele Veranstalter lassen sich darauf nur noch unter Auflagen ein, indem sie bspw. das Grillen untersagen, um die Gefahr von Feuerstürmen zu reduzieren. Das ist die neue Normalität: Alle stellen sich ständig auf alles ein – so auch die Versicherer, die reagieren. Es gibt jetzt aber keine Ausschlüsse wegen Wetter. Das ist nicht manipulierbar, da kann der Kunde auch gar nichts dran tun. Als Veranstalter muss man in dieser Hinsicht aber für alle Fälle vordenken.

Stadionwelt: Welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf den Versicherungsschutz von Events?
Raith: Dieser Krieg und seinen Auswirkungen beschäftigen uns und unsere Kunden sehr. Es ist hier wieder das Thema der Pietät. Aber es geht auch um die Frage, ob bei uns möglicherweise noch der Stromverbrauch rationiert werden könnte; und man will ohnehin nicht als Stromverschwender dastehen. Den Ausschluss von Krieg gab es bei den Versicherungen schon immer. Aber da kommen wir zu diffizilen Fragen nach der Definition von Krieg und danach, wie lang die kausale Strecke von einem Krieg bis zur Absage einer Veranstaltung ist. Der Krieg muss nicht im eigenen Land stattfinden, um Auswirkungen zu haben. Und wie macht man Begriffe wie mittelbare bzw. unmittelbare Auswirkungen fest? Das lässt sich alles nicht genau sagen, und die Frage ist immer noch, wie die Versicherer das jeweils auslegen.

Während der Pandemie ein gewohntes Bild: Die Corona-Kontrolle. Bild: Raith

Stadionwelt: Wie soll man als Versicherungskunde damit umgehen?
Raith: Da sind wir Vertreter unserer Kunden und versuchen, die Fragen mit den Versicherern anhand von Beispielen zu klären. Aber die halten sich da offen, und ggf. entscheidet eben der Richter. In der Pandemie wurden alle Ausfälle bezahlt, aber um die mittelbaren oder unmittelbaren Auswirkungen des Krieges wird es noch Diskussionen geben.

Es geht sicher auch immer um die Frage, wann eine Police abgeschlossen wurde. Wenn wir heute einen Abschluss machen, ist es schon nicht mehr unvorhersehbar, dass ein Krieg und die Pietät zur Absage der Veranstaltung führen könnte. Wir können unseren Kunden leider keine feste Größe nennen, an der sich die Versicherer orientieren. Es kann immer mindestens zu Vergleichen, aber auch zu Ablehnungen von Erstattungen kommen. Wir kommunizieren diese Sachverhalte immer offen. Viele Verträge kommen jetzt erst unter dem Gesichtspunkt Ukraine-Krieg hinein. Wir alle werden damit erst noch unsere Erfahrungen machen.

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