„Die Emotionalität ist der wohl wichtigste Faktor an unserem Produkt“

Der erste Stadionstuhl – gemacht von Fans für Fans. Im Interview spricht Jonas Braamt, Gründer und Geschäftsführer der stadichair GmbH + Co. KG, über seine Geschäftsidee und die nachhaltige Nutzung von Stadionstühlen.

Jonas Braamt Bild: stadichair
Stadionwelt: Herr Braamt, im Jahr 2020 haben Sie stadichair gegründet. Wie kam es damals dazu?

Braamt: Das ist eigentliche eine sehr schöne Geschichte. Es gab 2018 einen Arminia-Flohmarkt an der SchücoArena und dort habe ich die alte Stadionsitzschale von der Alm entdeckt und gekauft. Um diese dann auch entsprechend in den eigenen vier Wänden einen geeigneten Platz geben zu können, erfolgte in Zusammenarbeit mit meinem Opa und Vater die Entwicklung des heute bekannten Stadionstuhls. Der damalige Prototyp hat allerdings nicht mehr viel mit dem heutigen stadichair zu tun. Die Konstruktion hat aber dennoch viel Zuspruch im Freundes- und Bekanntenkreis gefunden.

Ausgelöst durch die Pandemie musste ich mich beruflich umorientieren und habe 2020, damals anfangs zu zweit, kurze Zeit später zu dritt das Unternehmen stadichair gegründet. Mittlerweile machen wir nicht mehr nur Stadionstühle, sondern produzieren als erstes Unternehmen in der Branche nachhaltig und regional Stadionsitzschalen. Hierbei nutzen wir alte Stadionsitzschalen, recyceln diese und können je nach Farbe Stadionsitzschalen mit bis zu 80% Recyclingmaterial herstellen.

Barhocker aus dem alten Westfalenstadion
Barhocker aus dem alten Westfalenstadion Bild: stadichair
Stadionwelt: Welche Leistungen bieten Sie an – und für wen?

Braamt: Mit dem ersten Stuhl, der Emotionen auslöst, bieten wir sowohl für den B2C- als auch den B2B-Bereich das wohl emotionalste Produkt an. Mittlerweile decken wir mit unseren Konstruktionen fast den gesamten Markt an Stadionsitzschalen ab. Sowohl die konventionelle Sitzschale als auch Klappsitze werden von uns zu Stadionstühlen veredelt. Die Vereine bieten den stadichair in ihrem Fanshop an oder die Fans können direkt über unseren Shop bestellen. Neben dem Stuhl bieten wir auch einen Barhocker und für Besitzer einer Stadionsitzschale auch nur die Stuhlkonstruktion an.  Dies kommt häufig vor, da viele auf anderem Wege an eine Sitzschale gekommen sind und auch nicht so recht wussten, was man damit anfangen soll.

Stadionwelt: Warum sollten Vereine beziehungsweise Sportstättenbetreiber auf Sie zukommen?

Braamt: Die Entsorgung von Stadionsitzschalen war in der Vergangenheit immer etwas, das Geld kostete. Mit uns an Ihrer Seite retten Sie nicht nur ein Stück Stadion- und Vereinsgeschichte, sondern können zum einen mit dem Upcycling Fanartikel stadichair neue Wege im Bereich Merchandising bestreiten und zum anderen nutzen wir alte recycelte Stadionsitzschalen, um daraus wiederum neue herzustellen – das Stadion kehrt sozusagen zurück ins Stadion.

Stadionwelt: Welche Rolle spielen Regionalität und Emotionalität in Ihrem Geschäftsmodell?

Braamt: Die Emotionalität ist der wohl wichtigste Faktor an unserem Produkt. Jeder Fan und vor allem jeder Dauerkarteninhaber wird wissen, welche Emotionen an so einem Platz hängen. Man hat dort den legendären Derbysieg erlebt, die Meisterschaft gefeiert, aber auch die bitteren Niederlagen oder gar Abstiege einstecken müssen. Diese Erinnerungen und Emotionen sollen nicht verloren gehen und deshalb ermöglichen wir eine Lösung, um sich all diese Momente nach Hause holen zu können.

Bei der Herstellung und Beschaffung unserer einzelnen Bestandteile des stadichairs sowie stadiseats legen wir besonders viel Wert auf Regionalität. Unser Anspruch ist es, ein qualitativhochwertiges Produkt auf den Markt zu bringen und setzten daher auf deutsche Qualität. Unsere Zulieferer kommen alle aus der Region Ostwestfalen – und das ist uns besonders wichtig.

Stadionwelt: Mit welchen Vereinen und Stadien kooperieren Sie bereits? Welches Feedback erhalten Sie?

Braamt: Unsere aktuellen Kooperationspartner sind der VfL Osnabrück, FC Carl Zeiss Jena, VfL Bochum und seit neustem auch DSC Arminia Bielefeld. Unsere Bestände an Stadionsitzschalen reichen dabei vom alten Düsseldorfer Rheinstadion, über das alte Kölner Müngersdorfer Stadion bis hin zu den orangen Sitzschalen des Weserstadions aus der Meistersaison vom SV Werder Bremen.  Das Feedback bei Vereinen und besonders den Fans ist dabei ausnahmelos positiv.

Sitz aus dem alten Parkstadion
Sitz aus dem alten Parkstadion Bild: stadichair

Stadionwelt: Sind neue Partnerschaften in der Pipeline?

Braamt: Es sind neue Kooperationen geplant, ja. Wir sind in Gesprächen mit renommierten deutschen Fußballvereinen der 1. und 2. Bundesliga und hoffen, dass wir noch vor der Sommerpause alles in trockenen Tüchern ist und wir die neuen Partner vorstellen können.
Auch einige internationale Vereine aus unseren Nachbarländern sind auf uns aufmerksam geworden. Das Interesse ist auch im Ausland sehr groß und wir hoffen, bald die erste internationale Kooperation vermelden zu können.

Stadionwelt: Bitte erläutern Sie einmal detailliert die Produktion eines stadichairs. Inwieweit sind das Produkt und dessen Herstellung nachhaltig?

Braamt: Die Stadionsitzschalen sind, wie schon erwähnt, gebraucht und werden wiederverwendet, anstatt diese zu entsorgen. Wir reinigen sie und bereiten sie auf, sodass sie im neuen Glanz erscheinen. Unsere Stuhlkomponenten beziehen wir aus einem Umkreis von nur 30 km. Dadurch haben wir kurze Lieferwege und vermeiden einen unnötig langen Transport um die halbe Welt, wie dies bei vielen Produkten im Merchandise ist.

Bild: stadichair

Die Stuhlbeine werden bei regionalen Tischlern gefertigt. Sie bestehen aus FSC-zertifizierten Holzresten, die die Tischler nicht mehr für andere Zwecke verwenden können, da die Größe nicht mehr ausreichend ist. Die ‚Reste‘ sind aber für uns noch perfekt zu gebrauchen und müssen somit auch nicht entsorgt werden.

Sitz aus dem alten Müngersdorfer Stadion
Sitz aus dem alten Müngersdorfer Stadion Bild: stadichair

Stadionwelt: Sie ermöglichen Sitzschalen, die eigentlich entsorgt würden, ein zweites Leben. Bitte skizzieren Sie diesen Kreislauf einmal konkret.

Braamt: Wir holen in den meisten Fällen die Stadionsitzschalen vor Ort selbst ab oder lassen sie von einer Spedition abholen. Anschließend werden sie von uns sortiert, da leider nicht mehr jede Stadionsitzschale als Stuhl verwendet werden kann. Die unbeschädigten Stadionsitzschalen werden dann von uns gereinigt und aufbereitet und mit der Montageplatte versehen. Anschließend werden alle Komponenten des stadichair von uns in gewünschter Stückzahl hergestellt und als Selbstbauset verpackt. Die Fans können dann über den Shop des jeweiligen Vereins oder unseren Shop den Stuhl kaufen und wir übernehmen den Versand an den Kunden. Zu Hause muss der Fan den Stuhl dann nur noch aufbauen und kann in Erinnerungen schwelgen.

Stadionwelt: Branding & Co.: Inwieweit gehen Sie auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse ein?

Braamt: Wir bieten viele Individualisierungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Laserung der Stuhlbeine. Hier kann das Logo des Vereins, der Name des Stadions oder ein bestimmtes Datum gebrandet werden. Auch die Holzvariante kann nach Belieben gewählt werden.

Hingucker: Sitz aus dem Stadion von Feyenoord Rotterdam
Hingucker: Sitz aus dem Stadion von Feyenoord Rotterdam Bild: stadichair

Die Montageplatte kann auch in verschiedenen Farben beschichtet werden. Aktuell haben wir Schwarz und Weiß im Angebot, aber auch Gold, Blau oder Rostfarben sind möglich.

Besonders gut kommen diverse Beilagen bei den Fans an. Das kann ein Echtheitszertifikat der Stadionsitzschale in Form einer Urkunde sein, ein Poster des Stadions oder Sticker und Bierdeckel sein. Um das Ganze am Ende perfekt zu machen, kann auch die Kartonage auf den jeweiligen Verein angepasst werden und man erhält ein rundum stimmiges Produkt.

Sitzschale aus dem alten Bökelbergstadion
Sitzschale aus dem alten Bökelbergstadion Bild: stadichair
Stadionwelt: Seit kurzem beschäftigen Sie sich auch mit dem Recycling alter Sitzschalen, die zu Granulat verarbeitet werden, das dann wiederum zur Herstellung neuer Sitzschalen genutzt wird.

Braamt: Genau, wir haben dabei noch einen Schritt weitergedacht. Wir sortieren die Stadionsitzschalen aus, die nicht mehr als Stuhl verwendet werden können und was dann haben wir uns gefragt. Also sind wir auf die Idee gekommen, diese wiederzuverwenden. Also werden sie zu Granulat gemahlen, das dann wieder in die Produktion neuer Stadionsitzschalen einfließen kann.

Außerdem kam uns der Gedanke, eigene Stadionsitzschalen herzustellen, um den Vereinen und Sportstättenbetreibern das Rundum-sorglos-Paket anbieten und Synergien vollends ausschöpfen zu können. Wir bauen die alten Stadionsitzschalen aus und sortieren diese, wie schon erwähnt. Die einen werden dann zu unserem stadichair und können an die Fans verkauft werden und die anderen werden gemahlen und zu neuen Stadionsitzschalen. Diese werden dann wiederum von unserem eigenen Montageteam aus- und eingebaut.

Der Verein oder die Sportstättenbetreiber haben ein Ansprechpartner für das gesamte Thema Bestuhlung, da sie die alten Stadionsitzschalen nicht noch entsorgen lassen müssen und bekommen eine neue nachhaltige Stadionsitzschale. Das bringt viele näher an eine Zertifizierung für ein nachhaltiges Gebäude, wie die DGNB-Zertifizierung.

Stadion-Sitz im Vorher-Nachher-Vergleich Bild: stadichair

Stadionwelt: Welche Projekte stehen aktuell und künftig auf der Agenda?

Braamt: Kurz- und mittelfristig haben wir ein paar kleinere Hallen und Stadien, die von uns mit neuen Stadionsitzschalen ausgestattet werden. Langfristig wollen wir vor allem die großen deutschen Stadien neu ausstatten. Bei ein, zwei Vereinen haben wir da auch schon den Fuß in der Tür und hoffen den Zuschlag im nächsten Jahr zu erhalten.

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