„Das Vorhaben hat großes Potenzial“

Drees & Sommer gehört zu den renommiertesten Unternehmen bei der Umsetzung von Stadionprojekten. Stadionwelt hat mit Frank Bornmann, Associate Partner der Drees & Sommer SE, über das Umbauprojekt in Wuppertal gesprochen.

Frank Bornmann
Frank Bornmann Bild: Drees & Sommer
Stadionwelt: Drees & Sommer hat die Projektleitung beim Umbau des „Stadion am Zoo“ in Wuppertal übernommen. Normalerweise betreuen Sie Projekte wie „Espai Barca“ von Barcelona oder auch die Allianz Arena von Bayern München. Wuppertal erscheint da im Vergleich sehr klein. Wie kam der Kontakt zustande und was hat Sie überzeugt, sich diesem Projekt anzunehmen?
Bornmann: Drees & Sommer begleitet das Projekt „Stadion am Zoo“ in Wuppertal derzeit mit einem Beratungsmandat, welches wir im Rahmen der Projektanalyse und weiterführender Aufgaben wahrnehmen. Das Vorhaben hat großes Potenzial für die Beteiligten, die Stadt, den Verein, den Zoo und weitere Anlieger. Das und die Idee einer multifunktionalen Nutzung und die damit verbundene maximale Wertschöpfung auf dem Areal haben uns überzeugt, in diesem Projekt aktiv zu werden.
Bei unseren Projekten geht es uns nicht um die Größe des Bauvorhabens. Wichtig sind für uns vielmehr Themen wie Mehrwert für den Kunden, Innovationsgrad des Projekts sowie wirtschaftliche Planung und Umsetzung. Durch unser fachliches und branchenübergreifendes Know-how können wir Kunden und Bauherren frühzeitig und umfangreich unterstützen. Daher sind für uns nicht nur Projekte wie das Stadion in Barcelona sehr spannend. Auch Vorhaben auf lokaler und regionaler Ebene sind immer willkommen.

Stadionwelt: Drees & Sommer hat viel Erfahrung bei der Betreuung von Großprojekten. Welche Kernkompetenzen können Sie speziell in Wuppertal einbringen?
Bornmann: Dieses Projekt ist sehr vielseitig, mit einer großen Zahl an Beteiligten, Themen und Fragestellungen, die berücksichtigt werden müssen. Von komplexen Genehmigungs- und Planungsaufgaben über vielfältige immobilienwirtschaftliche Fragen bis hin zu Themen wie Energiekonzept, Mobilität und Verkehr, und nicht zuletzt Vermarktung und Projektabwicklung – die Bandbreite an erforderlichen Kompetenzen ist hier sehr groß. In all diesen Themenfeldern kann Drees & Sommer aufgrund der Vielzahl erfolgreich abgeschlossener Projekte, interdisziplinären Teams und der Erfahrung in unterschiedlichen Branchen, und insbesondere im Bereich der Stadien, den Kunden umfassend unterstützen und hat dies bereits im Rahmen der Projektanalyse getan.

Stadionwelt: Bei der Präsentation zum aktuellen Stand der Stadionpläne am Ende des Jahres 2018 haben Sie gesagt, dass der Geist der Zusammenarbeit in Wuppertal besonders wäre. Wie ist diese Aussage zu verstehen?
Bornmann: Es nicht selbstverständlich und kommt nicht oft vor, dass die zentralen Akteure sich ihrer Rolle und ihrer Verantwortung für ein Projekt vollumfänglich bewusst sind. Das ist in Wuppertal anders. Hier kennen alle wichtigen Entscheider die Komplexität der Aufgabe, schätzen das Engagement der anderen Akteure und unterstützen sich gegenseitig. Dadurch sind eine Haltung und ein Geist der Zusammenarbeit entstanden, ohne die ein solches Projekt von Beginn an chancenlos wäre. Der Wunsch das Projekt zu realisieren, ist in Wuppertal täglich spürbar.

Stadionwelt: Weiterhin haben Sie betont, dass das Projekt aus Ihrer Sicht europaweit mit einem sehr hohen Innovationsgrad ausgestattet ist. Inwiefern unterscheidet sich das Projekt in Wuppertal von anderen? Ist das Bauprojekt der Anfang eines Trends?
Bornmann: Für Deutschland trifft die Aussage auf alle Fälle zu. Hierzulande werden neue Stadien auch heute noch oftmals als reine Spielstätte für einen Hauptnutzer geplant, mit 17-20 Spielen pro Jahr und einer zumeist überschaubaren Anzahl an Veranstaltungen im Stadion. Stadien sind kostspielige Immobilien, die den Eigentümer und häufig auch den Nutzer viel Geld kosten. Vor diesem Hintergrund stellt sich aus volkswirtschaftlicher und immobilienwirtschaftlicher Sicht für uns bei Drees & Sommer die Frage, ob das auch zukünftig der Weg sein wird, oder ob man nicht auch Stadien und Arenen in den zuvor benannten Punkten optimieren kann – zum Beispiel durch ein multifunktionales 365-Tage-Nutzungskonzept. Das Projekt Stadion am Zoo ist nicht der Anfang eines Trends in dieser Richtung, aber es ist der mutige Versuch den im Ausland, beispielsweise in den USA, England, Schweiz oder den Niederlanden, begonnen Trend aktiv nach Deutschland zu holen und ihn hier konsequent umzusetzen.

Stadionwelt: Bei einer Analyse haben Sie festgestellt, dass das Projekt „Stadionumbau in Wuppertal“ für potenzielle Investoren und Anleger sehr attraktiv ist. Was lässt Sie zu diesem Schluss kommen?
Bornmann: Zum einen hat sowohl die Region als auch der Standtort in Wuppertal bei einer Makro- und Mikroanalyse des Standorts in Bezug auf die für Investoren relevanten Parameter gut abgeschnitten. Zum anderen zeigen die Ergebnisse der durchgeführten Wirtschaftlichkeitsberechnung, dass das geplante Konzept mit dem dahinterliegenden Business Case für Investoren durchaus attraktiv ist. Darüber hinaus spielt neben den harten Faktoren natürlich auch die Verbindung aus Sport, Tradition und Emotion eine zentrale Rolle.

Stadionwelt: Das Zooviertel ist dicht besiedelt und teilweise denkmalgeschützt. Welche Herausforderungen haben sich für Sie als Projektleitung bei den Planungen ergeben? Auf welche Punkte wurde gezielt eingegangen?
Bornmann: Im Rahmen der Projektanalyse wurden alle für eine fundierte Bewertung und spätere Genehmigung und Realisierung erforderlichen Aspekte berücksichtigt und intensiv mit den jeweils verantwortlichen Akteuren im Detail erörtert. Im Fokus standen insbesondere Themen wie Architektur, Genehmigung, Verkehr und Mobilität, Kommunikation, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit sowie Mehrwerte und Entwicklungspotenziale für das Quartier mit all seinen Akteuren.

Stadionwelt: Welche Rolle hat die Überdachung der Tribünen bei den Planungen gespielt?
Die Überdachung war und ist fester Bestandteil des Projekts. Zudem ist sie im Kontext der Genehmigung und der Vorgaben der Deutsche Fußball Liga (DFL) unverzichtbar.
Bornmann: Heutzutage verlieren Stadien beim Umbau oftmals an Charme – das soll in Wuppertal anders werden. Wie lässt sich der Spagat zwischen Tradition und moderner Zweckmäßigkeit umsetzen?

Visualisierung des Stadions am Zoo in Wuppertal nach dem Umbau.
Visualisierung des Stadions am Zoo in Wuppertal nach dem Umbau. Bild: Drees & Sommer

Meiner Meinung nach gibt der aktuelle Entwurf eine überzeugende Antwort auf diese Frage. Das Konzept greift an diversen Stellen die Geschichte des Ortes auf und belebt diese mit einem spannenden Nutzungs- und Veranstaltungsmix. Ergänzt wird es durch den schonenden, aber dennoch inspirierenden Umgang mit dem Gebäudebestand und den umliegenden Gebäuden und der Architektur des Zooviertels. Dies zeigt sich insbesondere in den Proportionen des geplanten Umbaus. Auch der enge Austausch mit dem Wuppertaler SV trägt dazu bei, dass zukünftig Emotion, modernes Fanerlebnis und Tradition an einem Ort zusammentreffen und sich gegenseitig befruchten können.

Stadionwelt: Welche Chance sehen Sie für den Wuppertaler SV durch den Umbau des Stadions?
Bornmann: Der Verein bekommt eine moderne Spielstätte im Herzen der Stadt Wuppertal, eingebettet in eine attraktive Quartiers- und Immobilienentwicklung. Die Umsetzung der geplanten Hospitality- und Gastronomie-Bereiche, das durchdachte Verkehrskonzept und die generelle Aufwertung der Immobilie und ihres Umfelds können die Attraktivität des Stadions am Zoo und die Einnahmen durch Ticketing, Sponsoring und Marketing deutlich steigern. Zudem werden mit der Modernisierung auch die Auflagen der DFL für die dritte und zweite Liga erfüllt. Somit würde auch einer positiven sportlichen Entwicklung des Vereins nichts mehr im Wege stehen.

Stadionwelt: Der WSV hat aktuell einen Zuschauerschnitt von 2590 Zuschauern, das neue Stadion soll 20.000 Besuchern Platz bieten. Provokant gefragt: Sind die Pläne nicht überdimensioniert?
Bornmann: Die Diskussion hinsichtlich der Kapazitäten ist in Stadionprojekten nicht neu. Das Thema wird häufig sehr kontrovers diskutiert – in den Vereinen aber auch in den Städten und bei Investoren. Durch das nun vorgestellte Konzept, welches eng mit dem Verein abgestimmt ist, werden nach und nach die baulichen und technischen Voraussetzungen für einen Spielbetrieb in der dritten und zweiten Liga geplant. Die finale Kapazität des Stadions und die Umsetzung der Maßnahmen werden jedoch dann konkret definiert, wenn die gesamte Planung und die Finanzierung stehen. Fakt ist jedoch, dass die Vorgaben der DFL einzuhalten sind. Daher ist hier schon eine Kennzahl als Parameter gesetzt. Zudem wird im Kontext der Entwicklung des Areals als Event- und Veranstaltungsort die Frage der Kapazitäten für Events außerhalb des Fußballs in die Überlegungen mit einbezogen.

Stadionwelt: Kürzlich hat der WSV hohe Sparmaßnahmen angekündigt, unter anderem sollen Kader und Mitarbeiter reduziert werden – eventuell droht sogar eine Insolvenz. Inwiefern ist das Stadionprojekt davon betroffen? Werden Sie in ihrer Arbeit dadurch eingeschränkt?
Bornmann: Aktuell sind wir in unserer Arbeit davon nicht beeinträchtigt.

Stadionwelt: Wie sehen die nächsten Schritte aus? Wann ist mit einem konkreten Zeitplan zu rechnen?
Bornmann: Wie durch den Entwickler Thilo Küpper und die Vertreter der Stadt Wuppertal am 18. Dezember 2018 im Rahmen einer Infoveranstaltung skizziert, wird im nächsten Schritt die Genehmigung der Erbpacht und des Betreibervertrags beantragt. Parallel dazu laufen Gespräche mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde. (Stadionwelt, 16.01.2019)

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