„Jedes Stadion lässt sich energieneutral betreiben.“
In seiner Masterarbeit beschäftigte sich Felix Hilgenhof mit dem CO2-neutralen Betrieb eines Fußballstadions. Der Absolvent des Studiengangs „Technisches Gebäudemanagement“ spricht im Interview mit Stadionwelt über das Stadion im BORUSSIA-PARK und die Anwendbarkeit auf andere Stadien.
Stadionwelt: Können Sie zunächst in ein paar Worten erklären, worum es bei Ihrer Masterarbeit ging?
Hilgenhof: Im Wesentlichen ging es darum zu beweisen, dass ein Stadion, das den FIFA-Richtlinien entspricht, energetisch neutral und emissionsfrei betrieben werden kann. Dies wurde in meiner Ausarbeitung angestrebt und mittels der Erarbeitung eines entsprechenden Energiekonzepts dargestellt. Hauptsächlich wurde in dem Entwurf zur technischen Gebäudeausrüstung auf die Spannungsversorgung, Heizung sowie Kühlung geachtet. In der Summe lässt sich hierdurch ein autarker Betrieb für das Heizen sowie Kühlen darstellen. Bei der Spannungsversorgung musste das öffentliche Stromnetz als „Puffer“ fungieren, damit das Ziel erreicht wird. Im Anschluss an die technische Planung wurde eine „Payback“-Betrachtung der Investitionen durchgeführt und die Rentabilität nachgewiesen. Ebenso wurde die momentan verbaute technische Gebäudeausrüstung des Stadions im BORUSSIA-PARK mit der im Konzept angedachten Technik in den Betriebskosten verglichen, sowie eine Gegenüberstellung der CO2-Emissionen durchgeführt.
Stadionwelt: Gab es eine Zusammenarbeit mit dem Verein und dem Stadion? Wenn ja, wie sah diese aus?
Hilgenhof: Ja, die gab es. Sie fand in Form der Bereitstellung von Planunterlagen statt. Diese waren wesentlich für das Erstellen eines solchen Betriebskonzeptes, da hierdurch entsprechende Nutzungsprofile durch die entsprechend variierenden Nutzungen innerhalb eines Stadionkomplexes von mir erfasst werden konnten.
Stadionwelt: Welche Methoden sehen Sie in Ihrer Arbeit für den BORUSSIA-PARK vor, die für einen CO2-neutralen Betrieb sorgen sollen? Welche sind bereits vorhanden?
Hilgenhof: Von meinen vorgesehenen Methoden sind keine beim Stadion im BORUSSIA-PARK vorhanden. Im Grunde ist es ein Optimieren der Gebäudehülle, das Ausnutzen der Massenträgheit der Baustoffe und der Einsatz von Photovoltaik und Geothermie in Verbindung mit Wärmepumpen. Wichtig war mir hierbei, dass die verwendete Technik übersichtlich und anwenderfreundlich umzusetzen ist. Der meiner Meinung nach mit Abstand wichtigste Aspekt ist der regenerative und intelligente beziehungsweise automatisierte Betrieb der Rasenheizung, welcher wesentlich zur Energieeinsparung in meinem Energiekonzept beiträgt.
Stadionwelt: Die WWK ARENA in Augsburg gilt dank des Einsatzes von Wärmepumpen als ein Vorbild in Sachen klimaneutrales Stadion. Sie bietet Platz für „nur“ 30.660 Zuschauer. Ist es einfacher, ein kleineres Stadion klimaneutral zu betreiben?
Hilgenhof: Ich denke nicht, dass die Zuschauerkapazität eine Kennziffer für die Hürde zur Klimaneutralität ist. Ein Stadion hat meist ähnliche Nutzungszonen und Anforderungsprofile, lediglich die Abmessungen variieren. Ich bin der Meinung, dass sich, bei so ziemlich jedem Stadion, bei Beachtung der Gegebenheiten, ein emissionsneutraler Betrieb darstellen lässt.
Stadionwelt: Welche finanziellen Einsparungen wären laut Ihrer Arbeit bei einem Stadion in der Größe von Gladbach möglich?
Hilgenhof: Über einen Zeitraum von 25 Jahren liegen die Kosteneinsparungen bei der Nutzung einer Photovoltaikanlage bei 4.288.036,83 Euro. Durch die hohen Anschaffungskosten von 4.195.696,05 Euro rentiert es sich ab dem 25. Jahr. Bei der Nutzung der Geothermie liegt der Amortisationszeitpunkt im 18. Betriebsjahr. Im Verlauf der 25 Jahre stehen hier Einsparungen von 6.844.632,39 Euro Anschaffungskosten von 4.507.494,28 Euro entgegen.
Stadionwelt: Welche Einsparungen bezüglich der Emissionen wären möglich?
Hilgenhof: Durch den Einsatz einer Photovoltaikanlage lassen sich im Zeitraum von 25 Jahren bei einem Energiebedarf von 743.315,7 kWh pro Jahr 9.941,85 Tonnen CO2 einsparen. Noch größere Einsparungen ergeben sich aus der Nutzung von Geothermie. Jedem Betriebsjahr wird eine Erdgaseinsparung von 3.232.865,72 kWh zu Grunde gelegt. Bei einer Emission von 246 g Kohlenstoffdioxid pro Kilowattstunde ergibt dies eine Jahreseinsparung von 795,28 Tonnen CO2. Bei einer Betriebsdauer von 25 Jahren werden somit insgesamt 19.882,12 Tonnen Kohlenstoffdioxid eingespart. (Anm. d Red.: Die Zahlen stammen aus den Berechnungen der Masterarbeit).
(Stadionwelt, 09.05.2018)