„Unser Granulat gilt als völlig unbedenklich“

Thomas Hanke (60) ist Vertriebschef der Polytan GmbH, des größten deutschen Kunstrasenanbieters. Im Interview spricht er über „falsche Zahlen“ in einer Fraunhofer-Studie sowie die Zukunft des Kunstrasenplatzes und dessen Vorteile.

Thomas Hanke
Thomas Hanke

Herr Hanke, das Granulat auf den Kunstrasenplätzen ist im Moment in aller Munde. Was sagen Sie zu der Diskussion?
Hanke: Wenn es eine faire Diskussion wäre, würde ich mich freuen. Leider wird sie sehr einseitig geführt.

Können Sie uns das erklären?
Hanke: Unserer Meinung nach wird hier mit falschen Zahlen argumentiert und die beste Lösung für den Sportler in Verruf gebracht. Gummigranulat als Füllstoff ist nun mal die für die Gesundheit der Sportler optimale Lösung auf einem Kunstrasenplatz. Und in Sachen Bespielbarkeit steht es ebenfalls ganz weit vorne. Wir können die Plätze ohne Probleme auch mit Sand oder Kork verfüllen und machen das bereits, aber das ist nicht die beste Lösung für den Fußballer.

Sie sprechen von falschen Zahlen.
Hanke: Ja, Auslöser der Diskussion war eine Studie des Fraunhofer-Instituts, in der von einem jährlichen Granulat-Austrag in Deutschland von 8.000 bis 11.000 Tonnen pro Jahr gesprochen wurde. Unsere Berechnungen ergeben einen Austrag von 1.000 Tonnen.

Wie kommt es zu dieser Differenz?
Hanke: Das Institut hat zugegeben, dass es sich um Schätzungen „nach bestem Wissen und Gewissen“ handelt und die Ergebnisse nicht wissenschaftlich komplett untermauert sind. Wir hätten gerne unseren Beitrag geleistet, aber sind im Vorfeld der Studie nicht angesprochen worden. Und das als Marktführer in Deutschland und einer der Weltmarktführer für Sportbeläge. Das ist bedauerlich und wir haben das Gespräch mit den Verantwortlichen im Nachgang gesucht. Leider bisher erfolglos. Nur ein Beispiel: Es wurden europäische Werte auf Deutschland runtergebrochen, obwohl wir in Deutschland eine ganz andere Bauweise mit kürzerem Rasenflor haben. Deshalb brauchen wir auch deutlich weniger Granulat. Wir haben mal ein Stück Rasen mit der von Fraunhofer veranschlagten Granulatmenge befüllt. Danach sah man den Rasen nicht mehr.

Wenn die Faktenlage so klar ist, warum korrigiert Fraunhofer die Zahlen nicht?
Hanke: Wenn ich das wüsste. Bei anderen Branchen wurden zum Frühjahr 2019 die Zahlen deutlich korrigiert. Vermutlich ließen sie sich wissenschaftlich nicht halten. Warum das beim Gummigranulat nicht möglich ist, zumal wir wissenschaftlich bestätigtes Zahlenmaterial geliefert haben, verstehe ich nicht.

Trotzdem ist das Granulat Mikroplastik.
Hanke: Ja, das stimmt. Aber unser Granulat gilt als völlig unbedenklich. Es erfüllt die Spielzeugnorm. Wir haben ein Produkt, das zu 70 Prozent aus Hanf und Kreide besteht und zu 30 Prozent aus synthetischem Kautschuk. Wir reduzieren mit neuen Produkten seit Jahren die benötigte Granulatmenge. Bei dem oben angesprochenen Produkt kommen wir mit 1,7 kg pro Quadratmeter aus, vor ein paar Jahren waren es noch fünf.

Sie kämpfen für das Granulat?
Hanke: Ja und nein. Es ist die beste Lösung für den Sportler, aber wenn der Kunde lieber Sand oder Kork als Infill haben möchte, soll er es haben. Das ist überhaupt kein Problem. Ich kämpfe für eine sachliche Diskussion, in der alle Fakten berücksichtigt werden. Wir haben viel in die Entwicklung von Kunstrasensystemen in Deutschland investiert, nur so konnten wir die Granulatmenge reduzieren. Jetzt können wir mit innovativen Lösungen den Austrag von Mikroplastik auf nahezu Null reduzieren. Anstatt einer Verbotskultur würden wir uns wünschen, dass der Einsatz innovativer Produkte und deren tatsächlicher Beitrag für Sportler und Umwelt sachlich diskutiert wird.

In manchen Medien spricht man sich ja sogar gegen den Kunstrasenplatz an sich aus. Wie sehen Sie das?
Hanke: Wenn Sie in Ballungsräumen den Sportbetrieb ganzjährig aufrechterhalten wollen, brauchen Sie den Kunstrasenplatz. Da ist er fast alternativlos. Ich habe als Kind auf Ascheplätzen gespielt, den heiligen Rasen des Vereins durften wir nicht betreten. Da trainierte und spielte die Erste Mannschaft, oder der Platz war wegen des Wetters gesperrt.

Aber aus ökologischer Sicht stellt er ein Problem dar.
Hanke: Das sehe ich anders. Es findet keine Flächenversiegelung statt, weil der Platz wasserdurchlässig ist. Der Kunstrasen und das Infill sind recyclingfähig. Wir arbeiten hier mit einem weltweit führenden Recycler zusammen. Dazu kommt: Ein Kunstrasenplatz muss nicht gewässert werden, es werden keine Nitrate, also zusätzlicher Stickstoff und Unkrautvernichter ausgebracht. Der Pflegeaufwand ist geringer als bei einem Naturrasen. Der Unterbau eines Naturrasenplatzes ist alles andere als natürlich, am Ende ist ein DIN-gerechter Naturrasen als belasteter Erdausaushub zu entsorgen. Wirtschaftlich ist die Anfangsinvestition vielleicht höher, aber über die durchschnittliche Laufzeit von zehn Jahren rechnet sich das. Und erst recht, wenn man die möglichen Spielstunden mit einrechnet.

Zurück zum Granulat: Da droht ja ein Verbot durch die EU.
Hanke: Die Europäische Chemie-Agentur ECHA prüft gerade, ob ein Verbot von ausgebrachtem Mikroplastik Sinn macht und gibt dann eine Empfehlung ab. Im Moment haben alle Betroffenen die Chance, Stellung zu beziehen. Also Sportler, Platzeigner, Verbände und die Industrie in ganz Europa. Und die Befragung richtet sich ja nicht nur an die Kunstrasen-Branche, es wird öffentliche Meinung also alle Stakeholder wie Industrie, Sportler und Verbände, Städte und Kommunen befragt. Erst dann wird abgewogen und eine für Europa gültige Entscheidung getroffen.

Wenn die ECHA das Verbot empfiehlt, ist das das Ende des Kunstrasenplatzes?
Hanke: Nein. Definitiv nicht. Es geht ja ausschließlich um ein mögliches Verbot des Gummi-Granulats. Bereits jetzt gibt es dazu Alternativen. Außerdem rechne ich fest mit einer Übergangsfrist, in der wir als Industrie Lösungen für die veränderten Anforderungen finden können und werden, damit wir dem Sportler weiterhin das beste Angebot machen können. (Stadionwelt, 12.07.2019)

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