Planungsgrundlagen Bestuhlung: Sicherheit geht vor

Ob mobil, temporär oder als dauerhafte Installation: Tribünengeometrie, Sicherheit und weitere Faktoren entscheiden über die Zuschauerkapazität, die am Ende genehmigt wird.

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Bei der Planung eines Stadions oder einer Arena besteht beim Bauherrn immer eine recht genaue Vorstellung davon, über welche Zuschauerkapazität das Gebäude beziehungsweise die Tribünen verfügen sollen. Anhand verschiedener Richtwerte lässt sich diese zunächst auch zur allgemeinen Zufriedenheit überschlagen und benennen. Geht die Festlegung bei der Baufreigabe allerdings nachher ins Detail, wird die Angelegenheit kompliziert. Neben der Bestuhlung als solcher kommen weitere Parameter ins Spiel, die vor allen Dingen durch die Versammlungsstättenverordnung (VStättVO) beziehungsweise Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättVO) bestimmt sind und sich regional unterscheiden können. Die im Folgenden dargelegten Sachverhalte gelten weitestgehend sowohl für die Sitzplätze auf Betonstufen wie auch für temporäre Zuschauerplätze.

Der DFB beschränkt sich in seinen „Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen“ auf eine eher knappe Formulierung: „Die Sitzplätze müssen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen angeordnet sein. Sie müssen einzeln, nummeriert, anatomisch geformt und unverrückbar befestigt sein sowie eine mindestens 30 cm hohe Rückenlehne haben. Die Stehplatzbereiche von Stadien der Lizenzligen sollen kontinuierlich in Sitzplätze umgerüstet werden, wobei Stehplätze bis zu 20% der gesamten zulässigen Stadionkapazität erhalten bleiben können. In diesen Bereichen sollen Wechselplätze eingebaut werden.“ Gültig ist diese Bestimmung für die 1. und 2. Bundesliga, die 3. Liga und die Regionalliga.

Wichtige Planungsfaktoren

Bei der Planung der Zuschauerbereiche sind Faktoren zu berücksichtigen, die miteinander in Wechselwirkung stehen – so die Bemessung der Rettungswege in Bezug zur Personenzahl pro Block. Jeder Block ist hinsichtlich des Fassungsvermögens und der Rettungswege definiert, überdachte oder teilüberdachte Versammlungsstätten unterscheiden sich hier von solchen im Freien. Die Definition eines Blocks erfolgt nicht über die sichtbare Abgrenzung, sondern wird von einer Reihe anderer Gegebenheiten bestimmt. So darf ein Stehplatzblock maximal 2.500 Zuschauer fassen, ein Sitzplatzblock 1.200.

Dieser kann aus 30 Reihen mit 40 Plätzen bestehen oder aus 40 Reihen mit 30 Plätzen. Relevant für die Bauabnahme ist der Wert, der anhand einer Formel errechnet wird, die die Entleerungszeit mit der Besucherzahl und der Breite des Ausgangs in Relation setzt. Bei Tribünen „im Freien“ werden andere Maßstäbe angesetzt als in Hallen oder Arenen mit „Schiebedach“. Im ersten Fall dürfen sich zwischen zwei Seitengängen maximal 40 Sitze befinden, im zweiten Fall sind es 20. Zur Definition eines Blocks gehört ferner, dass dieser über mindestens einen Zu- und zwei Ausgänge verfügt.

Neben standardisierten Werten für die Dimensionen der Stufen und Abstände spielt auch der Neigungswinkel in Bezug auf die Anzahl der Zuschauerreihen eine Rolle. Sind bestimmte Werte erreicht, verlangt die MVStättVO zusätzliche Sicherheitsmaßahmen wie Bügel (Umwehrungen) zwischen den Reihen – so bei einer Stufenhöhe von über 50 cm eine Umwehrung von 90 bis zu mindestens 110 cm in der obersten Reihe. Alternativ kann die Rückenlehne der jeweils vorderen Reihe 65 cm über die dahinter liegende Stufe hinausragen, wenn der Höhenunterschied zwischen den beiden betroffen Stufen nicht über 100 cm hinausgeht. Also können manche Sitzhersteller Rückenlehnen anbieten, dank derer zusätzliche Sicherheitsbügel überflüssig werden.

Stufe für Stufe

Als Planungsgrundlage für die Festlegung der Tribünengeometrie und die Berechnung des Fassungsvermögens kann laut DIN 13200-1 und MVStättVO 2005 gelten, dass die Stufentiefe 70 bis 80 cm beträgt. Die Sitzplatzbreite beträgt mindestens 50 cm, die Durchgangsbreite mindestens 35 cm (zuzüglich 5 cm für die Umwehrung und Befestigung = 40 cm). Die Sitzplatztiefe liegt bei rund 40 cm, die Sitzplatzhöhe bei maximal 45 cm. Der Platzbedarf für einen Standard- Tribünensitz liegt somit bei 50 x 80 cm. Nicht immer lassen die baulichen Gegebenheiten die Umsetzung dieser Vorgaben zu, insbesondere die Durchgangsbreite kann bei weniger großzügig bemessenen Stufen zum Problem werden. Als erste Lösung bieten sich Klappsitze an, die in ihrer Ausgangsposition über minimale Tiefe verfügen, jedoch teurer sind als einfach Schalen. Zweitens können Sitze mit deutlich geringerer Tiefe als 40 cm verbaut werden. Hiermit einher geht allerdings ein erheblicher Verlust an Sitzkomfort. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es bei der Auswahl der Tribünenbestuhlung zu Missverständnissen kommen kann, wenn ein Anbieter auch Stadien in Südeuropa beliefert. So gibt es unter anderem in Italien und Spanien noch Veranstaltungsstätten mit Stufentiefen von 60 cm und daher im Sortiment der Anbieter auch entsprechend kleine Sitze mit 30 cm Tiefe und geringerer Breite, die jedoch auf Stufen aktuellen Standards nicht verwendet werden sollten.

FAKTEN KOMPAKT

  • max. Kapazität Stehplatzblock: 2.500 Zuschauer

  • max. Kapazität Sitzplatzblock: 1.200 Zuschauer

  • max. Sitzanzahl zwischen zwei Seitengängen: 40 (Outdoor-Bereich), 20 (Indoor-Bereich)

  • Standard-Bereich: Stufentiefe 70 bis 80 cm, Platzbedarf pro Tribünensitz 50 x 80 cm

  • VIP-Bereich: Sitzplatzraster 55 bis 60 cm, Stufentiefe 100 cm

  • Bei der Planung des Zuschauerbereichs muss die Bemessung der Rettungswege in Bezug zur Personenzahl pro Block berücksichtigt werden.

  • Bei einer Stufenhöhe von über 50 cm ist ein Bügel (Umwehrung) von 90 bis zu mindestens 110 cm in der obersten Reihe als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme erforderlich.

  • Alternativ kann die Rückenlehne der jeweils vorderen Reihe 65 cm über die dahinter liegende Stufe hinausragen

VIPs: Distanz wahren!

Selbstverständlich macht es Sinn, die Stufentiefe in Bereichen, die für Business- und VIP-Sessel vorgesehen sind, großzügiger anzulegen. Das gängige Sitzplatzraster für Schalen (immer von Mitte zu Mitte gemessen) beträgt, wie erwähnt, 50 cm, der Abstand wird bei Business- und VIP-Sitzen mit 55 bis 60 cm oder mehr größer. Eine komfortable Stufentiefe liegt hier bei rund 100 cm. Zu beachten ist dort, wo die Sessel sich auf einem Balkon befinden, dieser auch über eine Brüstung verfügt, die bei der Sichtlinienplanung und damit der Sitzhöhe beziehungsweise Montagehöhe Einfluss nimmt.

Varianten der Sitzbreite bieten sich an, indem etwa jeder Sitz eigene Armlehnen bekommen kann oder zwei benachbarte Sitze sich diese teilen. Die Praxis zeigt, dass bestehende Kontingente im Betrieb immer wieder der Bedarfslage angepasst werden. So muss vielleicht eine Lösung für Business Seats gefunden werden, wo ursprünglich einfache Schalen installiert waren. In diesen Fällen lässt sich zum Beispiel die Aufwertung von Standard-Sitzen mit Armlehnen und/oder Polstern erzielen. Es ist letzten Endes eine Entscheidung des Betreibers, ob auf der Business-Tribüne der Komfort oder die Kapazität maximiert werden soll. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass dort, wo die Kontingente sehr differenziert aufgefächert sind, im hochpreisigen Segment zum Beispiel Logen-Balkone betont großzügig bestuhlt sind. Der hohe Preis für das umfassende Service-Paket, der hier zur Jahreskarte zählt, kann den Verzicht auf einen oder zwei Sessel kompensieren.

Dialog zwischen Experten

Die exakte Festlegung der zugelassenen Zuschauerzahl und damit der Sitze ist eine Angelegenheit, die nur zwischen Experten geregelt werden kann – wegen des erforderlichen Know-hows und der hohen Verantwortung gegenüber dem Gesetzgeber. Der Bauherr beziehungsweise Betreiber oder der Verein als Nutzer ist im wahrsten Sinne des Wortes gut beraten, sich der Unterstützung erfahrener Fachleute mit entsprechenden Referenzen zu versichern. In vielen Fällen gelangen Sonderlösungen erst durch Verhandlungen mit den Baubehörden zur Freigabe. Voraussetzung hierfür ist immer eine hohe Kompetenz in diesem Spezialgebiet. So können findige Ideen zur regelkonformen Auslegung von Rettungswegen führen oder eine spezielle technische Umsetzung einen eleganten Weg bedeuten, Pflicht und Kür miteinander.