Darauf achten Vermarkter bei der Personalauswahl

Das Sportbusiness befindet sich im Wandel: Stadionwelt hakt bei den Sportvermarktern Infront, Lagardère Sports sowie Jung von Matt nach, was Bewerber für den Berufseinstieg mitbringen müssen.

Im nachfolgenden Format äußern sich Verantwortliche der führenden Vermarktungsagenturen zum Wandel im Sportbusiness, sprechen über Themen wie die Digitalisierung sowie Kompetenz-Anforderungen beim Berufseinstieg. Zudem geben sie Tipps an Absolventinnen und Absolventen. Im Gespräch: Vivi Dimitriadou, Chief People Officer, Lagardère Sports, Holger Hansen, Managing Director, Jung von Matt sowie Oliver Prenger, Director Finance & Administration der Infront Germany GmbH.

Stadionwelt: Wie hat sich das Sportbusiness in den letzten Jahren in puncto Themenvielfalt, Aufgaben und Kompetenzen verändert?

Vivi Dimitriadou
Vivi Dimitriadou Bild: SPORTFIVE
Dimitriadou: Wir haben uns schon immer in einem dynamischen Umfeld bewegt. Und auch im Sportbusiness müssen wir wie jedes andere Wirtschaftsunternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette digitalisieren, was Auswirkungen auf Aufgaben und Kompetenzen hat.

In den letzten Jahren waren die Digitalisierung und Internationalisierung wesentliche Treiber. Damit einhergehend sind die Themen vielfältiger geworden – wir bewegen uns in der Bandbreite von klassischem Fußball-Sponsoring für ein regionales Unternehmen bis hin zu eSports und virtueller Bandenwerbung in China. Außerdem stehen die Kundenbedürfnisse im Zentrum unserer Überlegungen: Statt standardisierte Produkte anzubieten, erstellen wir individuelle Lösungen passend zu den jeweiligen Kommunikationszielen der Sponsoren.

Nicht nur mit der Digitalisierung ändert sich das Kandidatenprofil, insgesamt gilt es flexibel auf sich ändernde Anforderungen zu reagieren und passgenaue Lösungen zu finden.

Holger Hansen
Holger Hansen Bild: Jung von Matt
Hansen: Unsere Welt befindet sich im stetigen Wandel – das gilt insbesondere für die Sportbranche. Digitalisierung und Technologisierung verändern die Beziehung zwischen Fans, Clubs und Athleten nahezu täglich.

Die Veränderungen sind vielschichtig. Sie haben Einfluss auf nahezu alle Bereiche in unserer Branche: Neue Produkte zur Leistungsdiagnostik, neue Services im Ticketverkauf, moderne Datenanalyse mit Real-Time-Ausspielung, virtuelle Stadionwerbung, verbesserte Tools zur Content-Auslieferung, neue Kanäle zur Fan-Ansprache. Alles Themen, mit denen wir uns aktuell auseinandersetzen, die wir verstehen lernen und deren Existenz wir mit kreativen Lösungen und schlauen Strategien beantworten, um sie sinnvoll für unsere Kunden und uns zu nutzen. Bei dieser Komplexität der Dinge wird unter anderem Kooperationsfähigkeit zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil der Zukunft – ebenso wie interdisziplinäres Denken und die Kollaboration mit Spezialisten und externen Partnern.

Oliver Prenger
Oliver Prenger Bild: Infront Germany GmbH
Prenger: Durch die Digitalisierung hat sich das Mediennutzungsverhalten und somit auch der Sportkonsum verändert. Entsprechend haben Kunden andere Erwartungen und Anforderungen an die Kommunikationsplattform Sport. Erfolgreiche Sponsorships müssen auch außerhalb des Stadions und klassischen TVs gedacht sowie in die digitale Welt integriert werden, um die relevante Zielgruppe zu erreichen. „Ganzheitliche Konzepte“ und „Crossmediale Vernetzung“ sind hier die Buzzwörter. Das Verständnis von digitalen Plattformen, Inhalten und Möglichkeiten ist dabei die Grundvoraussetzung. Dementsprechend haben sich die Aufgaben unserer Mitarbeiter in den letzten ein bis zwei Jahren erweitert – es bedarf veränderter oder gar neuer Produkte und Leistungen, um den Anforderungen der Kunden gerecht zu werden. Dazu müssen verschiedene Disziplinen und Fachkompetenzen zusammenarbeiten. Auch neue Formate wie z. B. eSports bereichern den Markt und fordern die alten Modelle heraus.

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Stadionwelt: Wie wird sich das Thema Human Resources (HR) im Sportbusiness weiterentwickeln?

Dimitriadou: Nach meiner Einschätzung sind die Entwicklungsthemen nicht an das Sportbusiness an sich geknüpft. Wann immer ich mich mit Kollegen aus unterschiedlichen Branchen austausche, merke ich, dass wir vor ähnlichen Anforderungen stehen bzw. ähnliche Themen weiterentwickeln.
Ein wesentlicher Treiber ist Employee Experience – von der Bewerberauswahl bis zum Ausscheiden aus dem Unternehmen. Im Sportbusiness merken wir insbesondere, dass das Thema „Sport“ alleine für sich genommen als Top-Argument für die von uns gesuchten Profile nicht ausreicht. Sport zieht immer noch an wie ein Magnet, darüber hinaus müssen wir als Arbeitgeber jedoch ein attraktives Umfeld schaffen, in dem sich unsere Mitarbeiter fachlich und persönlich weiterentwickeln können.

Hier investieren wir in die gemeinsame Entwicklung unserer Unternehmenskultur, die unter anderem eine flexible Arbeitsplatzwahl und flexible Arbeitszeiten ermöglicht.

Hansen: HR im Sportbusiness wird sich vor allem immer weiter professionalisieren. Das gilt mit Blick auf das Recruiting, aber auch, und vor allem, mit Blick auf die Personalentwicklung. Unternehmen müssen sich der Frage widmen, welche Art von Talenten sie brauchen, um für die Zukunft und die Herausforderungen richtig aufgestellt zu sein. Persönlichkeit und Potenzial rücken immer weiter in den Mittelpunkt, während konkrete Ausbildungen und Erfahrungen weniger wichtig werden. Denn die Talente von heute und morgen müssen allen voran Lern- und Veränderungsbereitschaft aufweisen.

Außerdem glaube ich, dass wir uns auch im Sport in einem „war of talents“ befinden mit den großen, aspirativen Brands dieser Welt. Um Talente langfristig an uns zu binden, müssen wir ihre Bedürfnisse, Wünsche und Ziele ernst nehmen und uns damit auseinandersetzen – das gilt für alle Berufslevel. Die HR sowie die Führungskräfte der Mitarbeiter sind dabei die Wegweiser und müssen den Mitarbeitern helfen, Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Prenger: Bedingt durch die Veränderungen im Markt wird die strategische Ausrichtung im HR ein immer wichtigerer Faktor, um den Gesamterfolg des Unternehmens zu sichern. In der Vergangenheit hat sich HR im Sportbusiness der Netzwerke bedient. Eine Vielzahl von Bewerbungen haben wir alleine aus der Leidenschaft für den Sport heraus erhalten.

Wenn wir jedoch Mitarbeiter mit „neuen“ Kompetenzen suchen, dann reicht die Sportleidenschaft alleine nicht mehr aus. In der Vorauswahl fallen schon eine Reihe von Interessenten aufgrund der fehlenden Kompetenzen durch das Raster. Dadurch ist die Mitarbeiterrekrutierung für uns als Unternehmen deutlich schwieriger geworden. Insbesondere wenn es um digitale Kompetenzen geht, konkurrieren wir mit anderen Unternehmen außerhalb des Sportsbusiness. Wenn wir einen digitalen Kopf suchen, ist für diesen nicht zwingend der Sport ausschlaggebend, sondern die Plattform oder Infrastruktur, die er in seiner täglichen Arbeit nutzen wird.

Stadionwelt: Welche Anforderungen, Eigenschaften und Kompetenzen sind im Sportbusiness besonders gefragt? Worauf achten Sie bei der Personalauswahl?

Dimitriadou: Das hängt sehr stark vom Einsatzbereich der Mitarbeiter ab. Grundsätzlich achten wir bei allen Bewerbern darauf, ob sie zu uns ins Team und zu unserer Kultur passen. Diversity ist uns dabei wichtig – Unterschiedlichkeit in den Kompetenzen und Erfahrungen bereichert die Teams. Das Fundament, was in unserem Fall unsere Werte sind, muss jedoch passen, damit wir gut zusammenarbeiten.

Eine gewisse Begeisterung für den Sport und die Branche, in der wir uns bewegen, sollte vorhanden sein. Wichtig ist uns die Kompetenz, die ein Mitarbeiter fachlich und persönlich einbringt. Dabei sind wir offen für Quereinsteiger, die die komplexen Anforderungen von klassischem Sponsoring bis hin zu den Digital-Themen zusammenbringen können und hierfür neue Ideen und Konzepte entwickeln.

Da unsere Teams sehr eigenverantwortlich agieren, ist unternehmerisches Denken wichtig für uns. Das Sportbusiness ist, wie viele andere Branchen auch, komplexer geworden – neue Kanäle, neue Wettbewerber und neue digitale Geschäftsmodelle treffen auf eine immer kürzere Aufmerksamkeitsspanne der Konsumenten.

Hansen: Wir glauben an Mitarbeiter, die begeisterungsfähig sind, die einen persönlichen Anspruch mitbringen und den Willen haben, stetig zu lernen, sich zu entwickeln und für das Team ihr Bestes zu geben. Kurz gesagt: passion trumps talent.

Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass in der heutigen Zeit ein hohes Maß an Vertrauen, Autonomie und Selbstverantwortung den Mitarbeitern dabei hilft, ihre besten Leistungen abzurufen.

Gehen wir in der Entwicklung der Mitarbeiter eine Stufe weiter und sprechen darüber, welches Merkmal eine Führungskraft zusätzlich zu den oben genannten Voraussetzungen mitbringen sollte, so ist das eine gesunde Selbstreflexion. Vieles, was früher einmal richtig war, ist heute hinfällig. Führungskräfte sind nicht mehr die Allwissenden, müssen offen für Kritik und zugänglich für frische Ideen sein. Und sie müssen vor allem klar darin sein zu erkennen, dass das eigene Ego nicht wichtiger ist als die beste Lösung – das habe ich bisher bei nur sehr wenigen Führungskräften auch wirklich erlebt.

Prenger: Eine Affinität zum Sport ist wichtig, aber sicherlich nicht entscheidend! Flexibilität und ein offenes Mindset sind Grundvoraussetzung. Die Fachkompetenzen variieren je nach Jobposition stark: Für Positionen im Vertrieb sind zum Beispiel Verhandlungsfähigkeit und Überzeugungskraft die wichtigsten Kompetenzen, die unsere Mitarbeiter mitbringen. Dazu gehören auch entsprechende rhetorische Fähigkeiten.

Für Stellen im Bereich Marketing und (digitale) Kundenlösungen brauchen wir Leute mit Know-how im klassischen sowie digitalen Marketing, in der Strategieentwicklung und Markenführung und mit kreativen oder analytischen Kompetenzen. Natürlich ist die Affinität zum Sport auch für diese Bereiche wünschenswert, aber nicht zwingend. Uns ist es wichtig, Experten auf dem Themen- oder Aufgabengebiet zu finden, mit denen wir gemeinsam unsere Produkte oder Dienstleistungen weiterentwickeln und auch in Zukunft den steigenden Herausforderungen gerecht werden können.

Stadionwelt: Was geben Sie jungen Absolventen und Absolventinnen beim Berufseinstieg in das Sportbusiness mit auf den Weg?

Dimitriadou: Man muss nicht Sport-Management studiert haben, um im Sportbusiness arbeiten zu können. Leidenschaft für den Sport und das Leben der Werte des Sports wie Teamgeist, Respekt, aber auch ein gewisser Siegeswille, sollten jedoch als Basis vorhanden sein. Wichtig ist es, die Trends und Herausforderungen im Sportbusiness zu verstehen und sich mit der Branche auseinanderzusetzen – neben den bereits genannten Anforderungen.

Hansen: Eine Karriere ist ein Marathon und kein Sprint. Ich glaube, dass diese Erkenntnis für das Berufsleben generell eine sehr wichtige ist. Wir müssen den Mitarbeitern vermitteln, dass sie sich Zeit nehmen müssen zu lernen, zu atmen und zu wachsen. Die Dinge werden sich entwickeln, wenn man fokussiert, zielorientiert und hart arbeitet. Wer ständig im Sprint ist, wird irgendwann ausbrennen und die Begeisterung für das verlieren, was er oder sie tut.

Für das Sportbusiness im Speziellen gilt: Es ist ein breit gefächerter Begriff. Die Branche umfasst viele Bereiche, die sicher differenziert betrachtet werden sollten. Vielleicht macht es genau diese Vielfalt aus – es gibt eine Bandbreite an Arbeitsfeldern, denen man nahezu an jedem Ort im In- und Ausland nachgehen kann. Vom örtlichen Verein bis zu den weltweit agierenden Sportartikel-Giganten: Die Sportbranche bietet ein unglaubliches Job-Spektrum.

Ich glaube aber, dass viele Bereichen noch mit zu wenigen weiblichen Mitarbeitern besetzt sind. Deshalb ist und bleibt das Thema Frauen in der Sportbranche für uns als Agentur ein wichtiges Anliegen – ebenso wie das Thema Diversity.

Prenger: Absolventen und Absolventinnen sollten Leidenschaft für das mitbringen, was sie tun. Dennoch sollte man den Blick nach links und rechts und über den Tellerrand hinaus nie vergessen. Gerade in Zeiten des schnellen Wandels ist es als Berufseinsteiger, aber auch für Berufserfahrene, ungemein wichtig, offen für alle Veränderungen zu sein und große Lernbereitschaft zu zeigen.

Neugierde und Interesse in all den neuen Themen und Dingen, die uns umgeben und die unser Leben verändern, sind unabdingbar, um mit der rasanten Veränderung des Sportbusiness Schritt zu halten und für die Zukunft gerüstet zu sein. (Stadionwelt, 28.02.2020)

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