Bildungspartnerschaften im Profifußball

Viele Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga haben einen Bildungspartner. Neben Spielern und Vereinsmitarbeitern können auch Hochschulen, Studenten und Quereinsteiger von der Zusammenarbeit profitieren.
 
Kooperationen mit verschiedenen Bildungspartnern haben sich in der Bundesliga bereits bei 11 von 18 Vereinen etabliert, in der 2. Bundesliga sind es immerhin 9 von 18 Clubs. Während einige Kooperationen darauf abzielen, gezielt Fachkräfte vom jeweiligen Hochschulpartner anzuwerben und in die organisatorischen Strukturen des Vereins einzubinden, bieten andere Partnerschaften Profi-Fußballern die Möglichkeit, sich auf eine Karriere abseits des Fußballs vorzubereiten.

Zu unterscheiden ist hierbei zum einen zwischen Kooperationen mit staatlichen oder privaten Hochschulen, zum anderen, ob es sich bei dem angebotenen Studiengang um ein Fern- oder Präsenzstudium handelt. Von Hochschulseite aus werden die Kooperationen indes genutzt, um sich zum einen die Unterstützung der jeweiligen Vereine bei wissenschaftlichen Projekten zu sichern, zum anderen, um berufserfahrene Gastdozenten aus der Praxis für Vorträge und Seminare zu gewinnen. Seit Januar 2019 kooperieren die TSG Hoffenheim und die Reinhold-Würth- Hochschule Campus Künzelsau, die zur Hochschule Heilbronn gehört, im Bereich Sportmanagement. Erklärtes Ziel ist es, dass die Sportmanagement-Studenten bei den verschiedenen Abteilungen des Bundesligisten ihr Praktikum absolvieren können und Forschungsprojekte für Abschlussarbeiten definiert werden.

Dr. Thomas Bezold, Dekan und Sportmanagement- Professor: „Mit der TSG 1899 Hoffenheim besteht seit vielen Jahren eine gute Zusammenarbeit. Regelmäßig absolvieren Sportmanagement-Studierende ihr Praktikum bei der TSG und schreiben ihre Abschlussarbeiten in Kooperation mit dem Proficlub. Einigen Absolventen gelang über den Verein der berufliche Einstieg in den Profifußball. Mit der Kooperationsvereinbarung streben wir nach den bisherigen guten gegenseitigen Erfahrungen nun eine noch intensivere Zusammenarbeit an.“

Doch auch der Verein profitiert von der Bildungspartnerschaft, wie Sebastian Bacher, Pädagogischer Leiter der TSG Akademie und Leiter der TSG Fußballschule, bestätigt: „Die Praktikanten der Sportmanagement- Studiengänge der Hochschule Künzelsau haben in ihren Tätigkeitsfeldern bislang überzeugende Arbeit geleistet, sodass wir uns entschieden haben, eine engere Zusammenarbeit in Form eines Memorandums mit den Schwerpunkten Ausbildung und Wissenstransfer anzuregen.“

Wie das Beispiel FC Schalke 04 zeigt, müssen sich Kooperationen mit Hochschulen, die ein oder mehrere Präsenzstudiengänge anbieten, aber nicht auf regionale Hochschulen beschränken. So hat der Bundesligist in Zusammenarbeit mit der Schweizer Universität St. Gallen den „S04-Studiengang“ ins Leben gerufen, um ehemaligen und aktiven Profisportlern, aber auch Quereinsteigern und Sportinteressierten eine CAS-zertifizierte (Certificate of Advanced Studies) Weiterbildungsmöglichkeit im Bereich Sportmanagement zu ermöglichen
– mit dem Ziel, in Zukunft umfassende Managementfunktionen in sportnahen Unternehmen
wahrnehmen zu können.

„Wir bilden entsprechende zukünftige Sportmanager aus, die möglicherweise auch mal qualifizierte Mitarbeiter bei Schalke 04 sind oder aber über die Schalke-04-Ausbildung auch woanders im Sportumfeld ihren Platz finden, um im Sport entsprechend auch den Berufszweig einzugehen“, so Alexander Jobst, Marketingvorstand beim FC Schalke 04. Der vierwöchige Kurs findet zu gleichen Teilen am Executive Campus der Universität St. Gallen und in der Gelsenkirchener VELTINS-Arena statt und beschäftigt sich mit verschiedenen Themenbereichen des Sportmanagements. Abgehalten werden die einzelnen Seminare von praxiserfahrenen Experten aus der Sportmanagementbranche.
 
Vereine als Forschungsobjekte
 
Auch der SC Paderborn kooperiert mit einer staatlichen Hochschule. Gemeinsam mit der Universität Paderborn hat der Verein verschiedene Praxisprojekte ins Leben gerufen, die sich in erster Linie an Studenten aus dem Marketing, der Sportmedizin und der Sportpsychologie richten. Im Wintersemester 2014/15 hatten Universität und Verein ein gemeinsames Praxisprojekt angeboten, im Rahmen dessen die Studenten eine Marktforschungsstudie über das Branding der Bundesligavereine durchgeführt hatten. Darauf aufbauend vergibt die Universität in Kooperation mit dem Bundesligisten regelmäßig Abschlussarbeiten zu Brand-Management-Themen.

Weitere Kooperationen zwischen dem Verein und verschiedenen Fakultäten der staatlichen Hochschule finden indes regelmäßig Anwendung: So führen etwa Studenten der Sportmedizin sowie der Trainings- und Bewegungswissenschaften regelmäßig sportmedizinische Untersuchungen in den Jugendabteilungen des Vereins durch. Diese Untersuchungen liefern dem Verein eine wichtige Analysegrundlage und Möglichkeiten, individuelle Trainingseinheiten gezielt steuern zu können.

Auch der Arbeitsbereich Sportpsychologie der Universität Paderborn profitiert in hohem Maße von der Kooperation mit dem Bundesligisten, wie der Verein berichtet: „Kernstück dieses Novums in Deutschland ist ein durch den SCP finanziertes Promotionsstipendium für einen Sportpsychologen. Dessen Hauptaufgabe besteht in der Konzeption, Durchführung und Evaluation von sportpsychologischen Betreuungs- und Beratungsmaßnahmen im Nachwuchsleistungszentrum.“

2017 haben die DSC Arminia Bielefeld und der Fachbereich der Fachhochschule Bielefeld einen dreijährigen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Sechs Seminare in sieben Semestern beschäftigen sich seitdem inhaltlich mit dem Marketing des Zweitligisten. „Die Seminare wechseln zwischen dem Bachelor- und Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre sowie dem Bachelorstudiengang Wirtschaftspsychologie – je nachdem welches Thema gerade bearbeitet wird“, erklärt Patrick Roßmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der FH Bielefeld und Projektleiter.

Studenten setzen sich in den Seminaren mit verschiedenen Facetten des Marketings des Zweitligisten auseinander und führen im Auftrag des Vereins regelmäßig Umfragen und Studien zu verschiedenen Themen wie etwa der Besuchshäufigkeit verschiedener Interessengruppen oder dem Vertrieb von Tickets und Merchandise durch.

Auch der VfL Bochum setzt auf eine Partnerschaft mit einer regionalen Hochschule. Der Kooperationsvertrag zwischen dem Zweitligisten und der Ruhr Universität Bochum wurde jüngst bis 2022 verlängert. Ziel der Kooperation sei es, die Trainer und Spieler in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen, heißt es von Seiten der Universität.

Prof. Dr. Michael Kellmann, Leiter des Lehr- und Forschungsbereichs Sportpsychologie, fügt hinzu: „Der Ansatz liegt klar auf Prävention und Kommunikation im Sinne der Leistungsoptimierung. Es gibt, insbesondere im Leistungssport, wiederkehrende, potenzielle Probleme für junge Menschen, die wir gar nicht erst entstehen lassen wollen, sei es schulischer, persönlicher oder anderer Natur. Der Profisport und die Vorbereitung darauf sind mit der Zeit immer komplexer geworden und wir haben validierte, wissenschaftliche Konzepte, die natürlich auf den jeweiligen Kontext angepasst werden.“

Die Bildungspartner der Bundesligisten finden Sie hier.

Der 1. FSV Mainz 05 und der SV Werder Bremen arbeiten seit einigen Jahren eng mit der privaten Fernhochschule ESM Academy zusammen. Das Studienangebot richtet sich in erster Linie an aktive und ehemalige Profisportler und soll diese auf eine Karriere abseits des Platzes vorbereiten. Durch einen Abschluss an der ESM Academy können Fußballprofis wie Absolvent Alexander Hack sich auf eine Zukunft im Sportmanagement – eventuell sogar im ehemals eigenen Verein – vorbereiten. Neben den beiden Bundesligisten kooperiert die ESM Academy auch mit dem FC Ingolstadt und dem FC Rot-Weiß Erfurt.

Bildung in allen Bereichen

Doch nicht nur aktive oder ehemalige Profisportler können von einer Bildungspartnerschaft zwischen Verein und Hochschule profitieren, wie das Beispiel Fortuna Düsseldorf zeigt: Seit 2011 kooperiert der Bundesligist mit gleich zwei Hochschulen. Während die Partnerschaft mit dem SPORTBUSINESS CAMPUS darauf ausgelegt ist, Vorlesungen der privaten Hochschule in den Räumlichkeiten der MERKUR-SPIEL ARENA abzuhalten, konzentriert sich die Zusammenarbeit mit dem privaten IST-Studieninstitut in erster Linie auf die Weiterbildung von Vereinsmitarbeitern, Spielern und dem Nachwuchs. Mitarbeiter des Instituts stehen Spielern und Vereinsfunktionären als Ansprechpartner in Fragen zu Aus- und Weiterbildungen sowie zur generellen Karriereplanung zur Verfügung.


Auch Hertha BSC setzt seit 2018 auf die Zusammenarbeit mit dem ISTStudieninstitut und bietet im Rahmen der Kooperation sowohl Schulklassen für angehende Profifußballer als auch berufliche Weiterbildungsmaßnahmen für aktive und angehende Profisportler an. „Trotz meiner Erfolge war für mich die Planung meiner beruflichen Entwicklung nach dem Fußball von großer Bedeutung. Das Studium beim IST bot mir die Möglichkeit, wichtige betriebswirtschaftliche Grundlagen kennenzulernen, die ich in meiner jetzigen Position sehr gut gebrauchen kann“, betont Michael Preetz, IST-Absolvent, ehemaliger Fußballprofi und Geschäftsführer Sport, Kommunikation und Medien bei Hertha BSC.

Mit dem FC Bayern München, der TSG 1899 Hoffenheim, Dynamo Dresden, dem Hamburger SV und Hannover 96 arbeiten insgesamt 5 Clubs aus der Bundesliga und 2. Bundesliga eng mit dem Internationalen Fußball Institut zusammen. Am Campus der Hochschule für angewandtes Management in München, in virtuellen Lerneinheiten sowie in vereinzelten Präsenzeinheiten an den Standorten München, Berlin, Treuchtlingen, Unna und Schaffhausen können Management-Studenten verschiedene Hochschulund Institutszertifikate erwerben.

Studenten können dabei auf das große Netzwerk des IFI zurückgreifen und von praxiserfahrenen Experten aus verschiedenen Bundesliga- Clubs lernen. Die Vereine profitieren indes von Studienergebnissen des Instituts und können gezielt dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Die privat organisierte Hochschule für angewandtes Management arbeitet indes selbst mit einigen Profi-Clubs zusammen. In den staatlich anerkannten Studiengängen „Sportmanagement (B.A.)“ und „Sportmanagement (M.A.)“ sowie im berufs- und ausbildungsbegleitenden „Branchenfokus Fußballmanagement“ erwarten die Studenten verschiedene Fallstudien mit diversen Kooperationspartnern aus der Bundesliga.
 
Im Rahmen seiner VfB-Akademie kooperiert der VfB Stuttgart gleich mit drei Hochschulpartnern: Der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, der SRH Fernhochschule und Future Intelligence. Im berufsbegleitenden „VfB Master“ MBA Leadership and Sports Management der HfWU Nürtingen-Geislingen können Absolventen umfassende Kenntnisse im Sportmanagement erwerben – unterstützt von hochrangigen Vertretern des VfB Stuttgart.

In Zusammenarbeit mit der SRH Fernhochschule bietet der VfB Stuttgart im Rahmen seiner VfB-Akademie indes gleich 14 Bachelor- und Masterstudiengänge aus den Bereichen Sportmanagement, Betriebswirtschaft, Gesundheitsmanagement, Psychologie, Wirtschaftsingenieurwesen, sowie Medien- und Kommunikationsmanagement an. Future Intelligence ist ein Bildungskonsortium, das mit der Unterstützung der Steinbeis Hochschule und der Steinbeis Akademie das berufsbegleitende Weiterbildungsprogramm „Digital Business Management“ anbietet. Ab 2020 sollen zudem auch Bachelor- und Masterstudiengänge zu diesem Thema angeboten werden. (Stadionwelt, 26.02.2020)

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