Hybridrasen: Synthetische Unterstützung für das Naturprodukt

Seit mittlerweile gut 20 Jahren ist eine Technologie eingeführt, die Naturrasenflächen mit synthetischer Unterstützung ertüchtigt – die Rede ist hier von Hybrid-Systemen.

Den Anfang machte 1996 der Hersteller Desso mit seinem Produkt GrassMaster: Es werden Kunstrasenfasern in das Spielfeld implantiert. Diese sind etwa 16 bis 20 cm tief im Boden verankert und ragen nur ein Stück aus diesem heraus. Die Wurzeln wachsen mit dem Geflecht aus 20 Mio. Fasern pro Spielfeld zusammen und bilden ein besonders stabiles und ebenes Spielfeld mit erhöhter Wasserdurchlässigkeit. Ein solcher Platz verspricht die dreifache Nutzungskapazität eines herkömmlichen Fußballplatzes. Das System bringt eine hohe Anfangsinvestition mit sich und erfordert Pflegemaßnahmen, die vom Standard-Prozedere abweichen. So erfolgte die Verbreitung des Desso-Systems im Wesentlichen in Elite-Stadien, wie etwa in der englischen Premiere League oder in Spielstätten, die auch in UEFA- und FIFA-Turnieren zum Einsatz kommen.

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Mittlerweile haben weitere Systeme diverser Anbieter ihre Marktreife unter Beweis gestellt; die Produktpalette wurde deutlich diversifiziert, sodass nun auch Vereine, die nicht über die Erstliga-Etats verfügen, und der kommunale Sport mit angesprochen werden. Für die zuständigen Greenkeeper oder Betreiber von Sportanlagen ist die Szenerie damit deutlich vielfältiger, aber auch unübersichtlicher geworden.

Hybrid-Tragschicht
Produkte unter dem Titel „Hybridrasen“ – im Übrigen offiziell als Naturrasen-Spielfelder deklariert – werden in zwei Hauptgruppen sortiert, in Hybridtragschichten und Hybridrasen. Den Hybridtragschichten werden je nach System unterschiedliche synthetische Komponenten beigemischt, so etwa kleine Netz-Elemente sowie starre oder flexible Kunststoff-Fasern. Produktnamen mit der Verwendung des englischen Begriffs „Fiber“ weisen auf diese Technologie hin. Auf diese Weise können die spezifischen Eigenschaften der Rasentragschicht fein gesteuert werden. Beispielsweise beim Produkt „AirFibr“ steht aber auch die biomechanische Optimierung, zu Gunsten der Spieler im Fokus, indem die Elastizität des Spielfeldes gesteigert wird.

Hybridrasen
Hybride Tragschichten dienen zur Einsaat von Naturrasen. Hybridrasen hingegen bezeichnen synthetische Halme, die neben dem Naturrasen in die Tragschicht eingebracht werden. Bei manchen Produkten erfolgt mittels einer Kunststoffmatte eine zusätzliche Armierung der Tragschicht. Aktuell ist nach wie vor der Klassiker Desso GrassMaster auf dem Markt, aber u. a. auch XtraGrass, SISGRASS, PowerGrass oder CombiGrass. Letzten Endes verfolgen alle Lösungen das Ziel, den Kunstrasen dort zu unterstützen, wo die Nutzung intensiv und die Bedingungen widrig sind. Dies muss nicht ein ganzes Spielfeld betreffen; spezifische Maßnahmen können auch gezielt für Problemzonen, etwa die Torräume, durchgeführt werden und verschiedene Produkte miteinander kombiniert werden.

Darüber, dass die Hybrid-Systeme ihren Status immer weiter ausbauen werden, ist sich die Fachwelt einig. Das Thema nimmt nicht allein in den Profi-Wettkampfstätten weltweit Fahrt auf. Auch die Trainingszentren von Profi-Clubs setzen auf die Innovation. Und die Referenzliste mancher Anbieter umfasst heute schon Hunderte von Spielfeldern, die komplett oder teilweise verstärkt wurden. Im Breitensport ist freilich die Bereitschaft zu entsprechenden Investitionen noch nicht so ausgeprägt wie im Profi-Sektor.

Eine genauere Betrachtung der Gesamtkostenrechnung über einen langen Zeitraum kann dies aber relativieren. So ermöglicht der Kunstrasen zwar mehr Nutzungsstunden als der Naturrasen, doch endet der Lebenszyklus der synthetischen Systemkomponenten zwangsläufig früher oder später. Gut alle zehn Jahre muss daher ein Austausch inklusive Rückbau und Recycling des Bestandes einkalkuliert werden. Hinsichtlich des Rückbaus und der Entsorgung von Systemkomponenten, aus denen sich der Kunststoff kaum heraustrennen lässt, halten Kritiker noch nicht alle Fragen für zufriedenstellend beantwortet, sofern sie sich auf den Preis beziehen.

Der Hersteller Eurogreen etwa rechnet zumindest schon einmal mit Blick auf die Neubaukosten vor: „Ein Naturrasen kostet circa 270.000 Euro, ein Kunstrasen etwa 490.000 Euro – ein Hybridrasen bewegt sich mit 350.000 Euro auch für Kommunen und Vereine in erschwinglichen Dimensionen.“ Die Unterhaltungs- und Lebenszykluskosten sollen demzufolge, wie beim Naturrasen, bei etwa 30.000 Euro liegen. Ein Kunstrasen rangiert in dieser Musterrechnung bei circa 62.000 Euro. Im Vergleich zu einem Naturrasen verspricht das Hybrid-System eine zusätzliche Spielzeit von zwei bis drei Stunden pro Tag.

Wie alle professionellen Rasenprodukte sind auch die Hybrid-Systeme Gegenstand der Forschung und eines internationalen Experten-Diskurses. So wird unter anderem die Vegationsfreundlichkeit in Versuchsanordnungen auf Feldern mit Produkten verschiedener Hersteller unter verschiedenen Bedingungen untersucht. Auch die biomechanischen Eigenschaften stehen unter Beobachtung. Die in zertifizierten Prüfverfahren ermittelten Werte stellen die Vergleichbarkeit der Systeme her und helfen, sie bezüglich der Normvorgaben einzuordnen. Denn neben den für den Greenkeeper wichtigen technischen Aspekten ist das Ziel am Ende auch, sportfunktionell optimale Werte zu erreichen. Hierzu sagt Dr. Harald Nonn, Vorsitzender der Deutschen Rasengesellschaft: „Die etwas höhere Oberflächenhärte armierter Systeme führt in aller Regel zu schnellerem Spiel, da Ballreflexion und Energierückgabe an den Spieler höher sind. Messungen mit dem Clegg-Hammer haben durchschnittliche Messwerte zwischen 80 und 100 Gm ergeben. Diese liegen somit im Toleranzbereich, der 65 bis 100 Gm beträgt. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber Sportrasen liegt in der dauerhaften Ebenheit von Hybridrasen. Insbesondere oberbodenreiche Rasentragschichten sind wesentlich weicher. Dies vermittelt zwar ein angenehmeres Laufgefühl, führt aber aufgrund der Energieabsorption zu schnellerer Ermüdung.“ Wer vor einer Entscheidung steht, sollte für sich die Wirtschaftlichkeit prüfen, aber auch seine Spieler Referenzspielfelder testen lassen.

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