Stadionwelt | Special FACILITY MANAGEMENT

14 www.stadionwelt.de FACILITY MANAGEMENT BILLIG GEHT ZULASTEN (FAST) ALLER Wie viele andere Branchen auch ist die Gebäudereinigung einem, wie es Torsten Kohn formuliert, „harten Preiswett- bewerb“ unterworfen. Das ist nicht weiter verwunderlich, spielen die Ausgaben für die Unterhaltsreinigung in der Kostenstruktur der beauftragenden Unternehmen eine be- deutende Rolle. Folglich richten sich die Augen der Auftrag- geber sehr stark auf die Summe, die unter dem Strich des Angebotes steht. Das alleinige Wertungskriterium „Preis“, also die Vergabe an den „Billigsten“ ist, so die Erfahrungen von Kohn, „leider“ nach wie vor sehr verbreitet. Besondere Leistungsdifferenzierungen von anbietenden Dienstleistern bleiben dabei unberücksichtigt. Der gelernte Gebäuderei- nigermeister kann angesichts dieser „Kurzsichtigkeit“ aller- dings nur den Kopf schütteln: „Billig geht immer zulasten der Qualität, des Werterhalts der Immobilie und der Men- schen, die dort arbeiten oder leben.“ Deshalb plädiert Kohn seit vielen Jahren für eine qualitätsorientierte Ausschrei- bung von Reinigungsleistungen. Und er fügt hinzu: „Mehr Qualität in der Gebäudereinigung muss nicht zwangsläufig ein Vielfaches mehr kosten.“ Wich- tig ist, dass ausschreibende Unternehmen ihren Leistungs- Qualitätswunsch nach den zur Verfügung stehenden Geldern formulieren. Sprich: Leistungen müssen durch ihre Art und Häufigkeit im Verhältnis zu den Mitteln stehen, die für die Reinigung bereitstehen. Denn sein Credo lautet: Nur, wenn ich dem Budget entsprechende Leistungen ausschreibe und diese plausibel kalkulieren lasse, kann ich sie in der Umset- zungsphase einfordern und, wenn sie nicht erbracht wurden, sanktionieren. Qualität in der Reinigung zu erhalten, ist letzt- lich das Ergebnis eines zielorientierten Vorgehens, das mit dem effizientesten Ressourceneinsatz das bestmögliche Re- sultat hervorbringt. Klingt theoretisch, ist aber sehr praxisnah. MIT SYSTEM ZUM ERFOLG Torsten Kohn: „Die – zugegebenermaßen häufig in die Jah- re gekommenen – Leistungsverzeichnisse führen die Anfor- derungen an die jeweiligen Raumgruppen auf und sollten Kernstück der Ansprüche an den Dienstleister sein. Häufig umfassen sie aber Leistungen, die systematisch in Frage ge- stellt werden müssen: Brauche ich diese Leistung? Brauche ich sie in dieser Häufigkeit? Je mehr ein Leistungsverzeichnis den tatsächlichen Anforderungen an Sauberkeit entspricht, umso genauer kann das benötigte Budget definiert werden.“ Hinterlegt ein Unternehmen schon in der Ausschreibung seiner Reinigungsaufträge die Grundlagen seiner quali- tätsorientierten Erwartung und baut die entsprechenden Bewertungs- und Überprüfungsoptionen ein, bekommt es auch die passenden Angebote, zumindest können die Ent- scheider sie anhand klarer Vorgaben bewerten. Von zentraler Bedeutung ist hierbei selbstverständlich im- mer noch der Preis, der im Wesentlichen durch die Faktoren Quadratmeterleistung pro Stunde und Stundenverrech- nungssatz bestimmt wird. Genau an diesen beiden Stellschrauben wird im Angebots- verfahren heftig gedreht, nicht selten wird hier, so Torsten Kohn, auch „überdreht“. ENTSCHEIDENDE STELLSCHRAUBEN: LEISTUNGSWERTE UND VERRECHNUNGSSÄTZE Neben der Quadratmeterleistung (ausführliche Infor- mationen siehe Kasten) geht es dabei vor allem um die Stellschraube Stundenverrechnungssatz: Nicht allen Auftrag- gebern ist bewusst, dass es im Gebäudereinigerhandwerk einen allgemeinverbindlichen Mindestlohntarifvertrag und einen Rahmentarifvertrag gibt. Das heißt, jedes Gebäuderei- nigungsunternehmen muss seine Mitarbeiter tarifgerecht ent- lohnen – und zwar auf Grundlage des Branchenmindestlohns (nicht zu verwechseln mit dem gesetzlichen Mindestlohn). Derzeit verdient eine Reinigungskraft in Deutschland dem- nach pro Stunde mindestens 11,11 Euro brutto. Der Stundenverrechnungssatz, also der Wert, den der Auftragnehmer in seinem Angebot kalkuliert, muss zu- sätzlich Sozialversicherungsbeiträge, Vertretungskosten, Sachkosten wie Reinigungschemie, Maschinen und Geräte, sowie alle betrieblich relevanten Kosten wie Fuhrpark oder Verwaltung darstellen. Sprich: Soll der Stundenverrechnungssatz auskömmlich sein, muss dem Tariflohn von 11,11 Euro nochmals rund 90 bis 120 Pro- zent hinzugerechnet werden. Liegt der angebotene Satz deutlich unter diesem Korridor, handelt es sich sprich- wörtlich um einen „Dumpingpreis“. Bild: © scaliger – stock.adobe.com

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