„Der Schritt ist sehr wichtig und macht Hoffnung“

Stefan Wagner, Vorsitzender von Sports for Future e.V., spricht im Interview mit Stadionwelt über Nachhaltigkeit im Profi-Sport, die Herangehensweisen an Nachhaltigkeitsthemen sowie über das Vorhaben der DFL.

Stefan Wagner
Stefan Wagner
Stadionwelt: Wie definieren Sie Nachhaltigkeit im Rahmen des Profi-Sports?
Wagner: Es ist für mich die Sicherung der eigenen Zukunftsfähigkeit im Einklang mit gesellschaftlichen Interessen. Insbesondere der kommerzielle Sport hat sich in den zurückliegenden Jahren in vielen Bereichen von der Gesellschaft entfremdet. Somit dient die Einbeziehung gesellschaftlich relevanter Themen auch wieder der eigenen Rolle und somit auch eigener ökonomischer Möglichkeiten.

Stadionwelt: Welche Bereiche definieren Sie in diesem Kontext?
Wagner: Grundsätzlich rückt der Dreiklang aus „Ökonomie, Ökologie und Soziales“ und somit das gesamte Kerngeschäft in den Blickpunkt. Konkret zum Beispiel die Art und Weise der Vermarktung, nachhaltige sportliche Entwicklungen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, ressourcenschonendes Merchandising und Catering, CO2-Reduktion im Betrieb der Stadien und Arenen, der Zuschauerführung und vieles mehr. Leider wird Nachhaltigkeit zu oft noch auf Themen des freiwilligen Engagements reduziert, überspitzt gesagt die Spende an eine Institution oder das bunte Anmalen einer Bildungseinrichtung.  

Stadionwelt: Sind Sie der Ansicht, dass das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz auf der Agenda der Clubs und Stadion-Betreiber einen angemessenen Stellenwert einnimmt?
Wagner: Die Bedeutung wächst zweifellos. Allein in den vergangenen Wochen haben wir von einigen Clubs gehört oder gelesen, die sich bislang eher weniger mit dem Thema beschäftigt haben, nun aber etwa ihre Reisetätigkeiten kompensieren wollen, in die Produktion nachhaltiger Textilien einsteigen werden oder Spenden an Flutopfer zahlen. Das Thema hat aber noch nicht das Selbstverständnis, das es haben könnte und sollte.

Stadionwelt: Was läuft gut, wo ist Luft nach oben? Wo gibt es vielleicht Vorreiter und was sind die großen Problemfelder?
Wagner: Meines Erachtens beginnt es mit der Grundhaltung. Betrachte ich den Klimaschutz und Nachhaltigkeit als Themen, denen ich mich reaktiv und passiv stelle mit Blick auf das Notwendige, das man erfüllen muss, um mögliche Kritik zu vermeiden? Oder betrachte ich es offensiv, proaktiv? Die Fragen sind dann: Was kann ich beitragen? Wie kann ich meinen Hebel einsetzen für die Lösung der zentralen Herausforderung unserer Zeit? Und wie kann ich diese Haltung strategisch einsetzen? Diese Sichtweise gibt es leider noch zu selten, obwohl darin großes Potenzial auch für den Sport selbst liegt. Konkret geht es also um ernsthafte Reduktionsziele des CO2-Fußabdrucks inklusive der Zuschauermobilität, wegweisende Projekte hin zu einer Kreislaufwirtschaft und die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle.

Stadionwelt: 2020 hat die DFL beschlossen, die „Taskforce Zukunft Profifußball“ ins Leben zu rufen. Es soll ein „zeitnahes und klares Bekenntnis des Profifußballs zum Thema Nachhaltigkeit“ geben – auch soll dies in der Lizenzierungsordnung verankert werden. Wie bewerten Sie diesen Schritt?
Wagner: Der Schritt ist sehr wichtig und macht Hoffnung. Es kommt nun darauf an, nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern entsprechend der Bedeutung der Bundesliga ein wirklich hohes und ernsthaftes Ambitionsniveau.

Stadionwelt: Welche Handlungsfelder fehlen Ihnen vielleicht noch bei den Bemühungen der DFL bzw. wo sollte noch mehr Aufwand betrieben werden?
Wagner: Die Themen, die aktuell diskutiert werden, sind umfassend. Vielleicht müssen wir noch mehr die Liga als Ganzes betrachten, die TV-Produktionen, unseren Fußabdruck bei internationalen Einsätzen etwa. Der Weg bis hierher ist aber sehr positiv zu sehen. (Stadionwelt, 21.10.2021)

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