„Kleines Investment mit großen Auswirkungen“
Mithilfe einer klaren Vision, neuartigen Event-Formaten und neuen Partnern möchte der Deutsche Lacrosseverband (DLaxV) seine Sportart u.a. in Deutschland weiterentwickeln. Ein Interview mit Simon Krause, Präsident des DLaxV.
Stadionwelt: Bitte geben Sie unseren Lesern einen kleinen Einblick in die Sportart Lacrosse. Wie ist dieser in Deutschland bzw. Europa organisiert? Und wie weit professionalisiert?
In den USA existieren zwei Profiligen (NLL – Boxlacrosse, PLL – Feldlacrosse) mit Live TV-Übertragung und fünfstelligen Zuschauerzahlen in den Arenen. In Europa ist Lacrosse derzeit weitestgehend Amateursport und in Deutschland in Bundes- und Regionalligen organisiert. Die Deutschen Meisterschaften im Final-Four Format werden seit 1994 traditionell im Juni ausgetragen. Zusammen mit dem Englischen Verband zählt Deutschland zu den größten Lacrosse-Verbänden Europas und engagiert sich zunehmend stark für eine transkontinentale Vernetzung des Sports und Wettbewerbs. Daher richtet der DLaxV 2022 die Europameisterschaften im Boxlacrosse in Hannover aus.
Stadionwelt: Wie groß ist die Lacrosse-Community derzeit in Deutschland? Wie viele aktive Spieler gibt es, wie viele Vereine?
Krause: Der DLaxV zählt derzeit 67 Mitgliedsvereine und ist in fast jedem Bundesland vertreten. Vor der Pandemie spielten 2.600 aktive Spieler*innen Lacrosse mit ca. 5.000 Mitgliedern wobei der Frauenanteil bei 46 % lag. Nach 1,5-jähriger Pause beginnt gerade die Feldlacrosse Saison 2021 und wir rechnen aufgrund der Mannschaftsmeldungen mit einem Rückgang der aktiven Spieler*innen (erwartungsgemäß pandemiebedingt) um 10 %. Durch nachhaltige Wachstumskonzepte, welche in den letzten 2 Jahren erarbeitet wurden, erwarten wir für das Jahr 2022 jedoch wieder steigende Mitgliederzahlen und hoffen über die nächsten Jahre hinweg die Mitgliedschaft zu verdoppeln.
Stadionwelt: Sie verfolgen das Ziel, den Sport in Deutschland bekannter zu machen. Dazu haben Sie 2017 die „Vision 2020“ niedergeschrieben. Wie sieht diese Vision aus und inwieweit konnten Sie schon Punkte umsetzen?
Krause: Zur Mitgliederversammlung 2017 wurde erstmals eine Vision vorgestellt, die einen koordinierten nationalen Wachstumsimpuls setzen sollte. Ziel war und ist es, Lacrosse im Breitensport zahlenmäßig zu vergrößern und in den Altersklassen weiter zu verjüngen. Im Spitzensport sollen die Nationalmannschaften professionalisiert und gefördert werden. Sportpolitisch soll der Verband Mitglied zentraler Organisationen wie dem DOSB werden. Entsprechend dieser „Vision 2020“ wurde durch die Mitgliederversammlung im Frühjahr 2021 die „Wachstums und Entwicklungsstrategie Deutschland Lacrosse“ verabschiedet, welche diese Vision in die Realität umzusetzen soll.
In diesem Dokument sind nicht nur Zielvorgaben bis 2026 und perspektivisch 2031 definiert, die Mitgliedsvereine und der Verband haben erstmals Handlungsfelder und die jeweiligen Arbeitsaufgaben aufgeteilt und klar strukturiert.
Stadionwelt: Was wurde daraus bereits umgesetzt?
Krause: Wir konnten in den letzten 2 Jahren unsere Mitarbeiterschaft im Verband um 90 % auf über 270 Ehrenamtliche steigern und uns besonders in den Bereichen Marketing und Öffentlichkeitsarbeit professionalisieren. Wir bringen seit März 2020 alle 3-4 Monate einen Newsletter mit Informationen zum Lacrossesport heraus und halten so eine enge Bindung an die Mitglieder. Wir wachsen stetig an Mitgliedsvereinen und nähern uns den Aufnahmekriterien des DOSB an. Wir konnten eine Kooperationsvereinbarung mit der NADA schließen und haben Selbstverwaltete Kommissionen für mehr Mitspracherechte der Spieler*innen etabliert. Zum Ende des Jahres werden wir unser neues Corporate Design und einen neuen Ausrüster präsentieren und hoffentlich wieder in einen regulären Spielbetrieb starten. Mit dem Weltverband arbeiten wir stetig an der Umsetzung der Olympic Vision, die Lacrosse 2028 zu den Spielen In Los Angeles ins Programm bringen soll. Dabei gehören wir zu einem der aktivsten Nationalverbände weltweit.
Stadionwelt: Unter dem #getvisible wollen Sie sich neu ausrichten. Zugrunde liegen vier Handlungsfelder. Welche sind das und wie verfolgen Sie darin die Neuausrichtung?
Krause: Die Handlungsfelder Öffentlichkeitsarbeit und Marketing zählen wir zum Thema #getvisible. Diese sind gepaart mit den Bereichen Mitgliederservice und Verbände, die man unter dem Motto #getactive zusammenfassen kann.
Unser Ziel ist es, die öffentliche Sichtbarkeit des Lacrossesports zu steigern, sowie unsere Serviceleistungen gegenüber unseren Mitgliedern aber auch der Gesellschaft zu erweitern und zu verbessern. Die Aufnahme und Zusammenarbeit mit Partnern im Marketing aber auch Spitzensportverbänden sind dabei ein wichtiges Element in das wir investieren. Die Strategieagentur Steilpass hat uns in einem Workshop und weiterführende Beratung viele Möglichkeiten aufgezeigt, die wir nun mit unserem Team verfolgen. So arbeiten wir an einer kooperativen crossmedialen Kommunikations-Strategie, die vom klassischen Newsletter über Social Media bis hin zum Streaming und TV-Beiträgen ein umfangreiches Bild von unserem Sport und unseren Mitgliedern vermitteln soll. Dabei ist uns neben der Reichweitenerweiterung vor allem eine natürliche Botschaft unseres Sports wichtig. Im Vergleich zu anderen etablierteren Mannschaftssportarten haben wir durch unsere junge agile Mitgliedschaft, digitale Infrastruktur des Verbandes, sowie unser hohes Maß an internationaler Vernetzung bessere Möglichkeiten auf den Zeitgeist im Sport einzugehen. Mit einem starken Weltverband und der Perspektive auf Olympia sehen wir uns klar als die nächste Trendsportart in Deutschland. So sind wir bereits jetzt eine bunte und tolerante Sportart mit ausgeglichenem Geschlechteranteil und bauen eine eigene Sparte für Behindertenlacrosse auf, ohne dabei komplexe sportpolitische Prozesse oder Marketingkampagnen durchlaufen zu müssen.
Stadionwelt: Was sind diesbezüglich die nächsten Schritte?
Krause: Im nächsten Schritt suchen wir derzeit Partner, die mit uns zusammen den Lacrossesport weiterentwickeln möchten. Aufgrund unserer agilen Verbandsstruktur und großem Know-How in der eigenen Mitgliedschaft kann hier ein relativ kleines Investment bereits große Auswirkungen haben. Der stetige Austausch mit nationalen und regionalen Breitensportverbänden wie dem DOSB hilft uns zudem, unseren Sport nachhaltig zu etablieren.
Stadionwelt: Im Mai 2022 findet in Dresden der Lacrosse Nations Cup statt. Was bedeutet das Event für die Sportart in Deutschland?
Krause: Nach langer Pause wird 2022 ein großes Jahr für den Deutschen Lacrossesport.
Die Nation Cups machen im Mai den Anfang für einen tollen Sommer und sind ein neues Format, das wir in Kooperation mit Steilpass entwickelt haben. Es sind hochrangig besetzte internationale Mini-Turniere in den Disziplinen Box Lacrosse und Lacrosse Sixes (olympisches Format) in denen jeweils 4 Nationalmannschaften an einem Wochenende gegeneinander antreten. Für den Box Lacrosse Nations Cup 2022 treten mit Deutschland, England, Niederlande und Tschechien hochklassige europäische Nationalmannschaften gegeneinander an. Diese Turniere begeistern zum einen die eigene Community aber ermöglichen auch Zuschauern aus ganz Europa in Kontakt mit dem Lacrossesport zu kommen. Wir arbeiten in der Ausrichtung eng mit den Dresdner Eislöwen (Eishockey) zusammen, um hier wichtige Synergieeffekte zu schaffen.
Stadionwelt: Die Nation Cups wird professionell fürs Fernsehen produziert und soll auch übertragen werden. Wie wichtig ist die mediale Präsenz für die Neuausrichtung des Lacrosse-Sports in Deutschland?
Krause: Bei den Nations Cups ist für Mannschaften und Zuschauer sicher die professionelle mediale Produktion neuartig. Hier möchten wir neue Maßstäbe für unseren Sport setzen und uns auch aufgrund der Ähnlichkeit am Eishockey orientieren. Durch die Bewegtbildproduktion möchten wir hochklassigen Content produzieren, der unseren Sport auch auf dem Bildschirm von seiner besten Seite zeigt.
Wie #getvisible vermuten lässt, ist Sichtbarkeit ein zentrales Element im Wachstum des Lacrossesport. Lacrosse ist vielen durch American Pie oder Teen Wolf aus dem TV bekannt, den Sport selbst und vor allem in Deutschland haben jedoch die Wenigsten bisher erlebt. Das möchten wir ändern, um so auch unsere Vereine bei der Mitgliedergewinnung zu unterstützen. Wichtig ist uns dabei die native Integration in bekannte Sendeumfelder. Mit Sport1 haben wir die Möglichkeit Lacrosse im Rahmen der Eishockey-WM zum besten Sendeplatz zu zeigen und so eine große Aufmerksamkeit in einer bereits sensibilisierten Zielgruppe zu erhalten. Neben der Präsenz im TV ist aber für unsere internationale Community das Live-Streaming ebenfalls von zentraler Bedeutung, das wir für die Nation Cups im Gesamtpaket anbieten möchten. Spannender Sport, hochklassige Spiele, volle Arena, hochwertige Videoproduktion – das soll die Formel für ein neues Lacrosseerlebnis in Deutschland werden.
Stadionwelt: Welche Rolle nimmt die an den Nations Cup gekoppelte Germany Lacrosse Convention ein? Geben Sie uns bitte ein paar Einblicke in das Event. Was sind die Hintergründe?
Krause: Die Nation Cups bieten das sportliche Highlight und den Kickstart für ein Action-geladenes Wochenende. Wir möchten unseren Mitgliedern aber mehr als nur hochklassige Spiele bieten. Unter dem Motto play.learn.grow.connect. wollen wir uns weiter vernetzen, von und mit Profispielern und -trainern lernen, Zuschauern Möglichkeiten zum Ausprobieren geben, die Traditionen des Sports aufzeigen und neue Facetten wie Rollstuhl-Lacrosse für uns entdecken. Die Convention bietet neben vielen Programmpunkten auch vielfältige Integrationsmöglichkeiten für Partner und Sponsoren. So haben wir einen Messebereich, der in die Arena integriert ist. Wir bieten aber auch im Außenbereich die Möglichkeit, mit Zuschauern und Teilnehmern zu interagieren, was es zu einem perfekten Event für alle Beteiligten macht. Durch Nations Cups und Convention am gleichen Ort organisieren wir ein einzigartiges Großsportereignis, das selbst Lacrosse-Events in den USA übertrifft und somit attraktiv für nationale und europäische Besucher wird.
Stadionwelt: In Sachen Vermarktung der Convention haben Sie ein Hybrid aus Crowdfunding und Sponsoring gewählt. Wie genau sieht dieses Hybrid aus und wie funktioniert es?
Krause: Wir möchten die Finanzierungsphase mit der Bewerbung des Events und der nativen Einbindung von Partnern verknüpfen. Eine Win-Win-Situation für alle. Mit Fairplaid als etablierte Plattform werden wir ab November eine große Kampagne starten. Dabei können Partner über Prämien aktiver Teil des Crowdfundings werden und so bereits im November – also 6 Monate vor dem Event – aktiv Kontakt zu unserer Community knüpfen. Diese wird durch das Crowdfunding aktiviert und kann über personalisierte Verbreitung zu einer Reichweitenvergrößerung beitragen. Ist das Crowdfunding erfolgreich, hat dies – je nach eingeworbener Summe – auch finanzielle Vorteile für den Sponsor, der sich einer aktiven Community und einem tollen Event sicher sein kann. Die Partnerpakete für Sponsoren sind im Volumen variabel, sodass auch kleinere Unternehmen eine perfekte Plattform erhalten.
Stadionwelt: Welche Art von Partnerschaften suchen Sie und welches Potenzial für Sponsoren bietet Lacrosse?
Krause: Unsere Community zeichnet sich gegenüber anderen Sportarten besonders durch einen ausgeglichenen Geschlechteranteil, ein junges Durchschnittsalter, einen hohen Akademikeranteil sowie ein hohes Maß an überregionaler und internationaler Vernetzung aus. Unser Sport ist eine spektakuläre Marke für alle, die nach „Unverbrauchtheit“ suchen und bei unterschiedlichsten Zielgruppen für viele Aha-Momente sorgen möchten. Diese Aspekte bieten wir neben einem spektakulären Sport im All-inclusive-Paket.
Wir suchen Partner, die mit uns zusammen einen spektakulären Sport in Deutschland weiterentwickeln möchten. Eine Partnerschaft mit uns ist eine Investition in eine zukünftige Trendsportart mit olympischem Potential.
Wir bieten Partnern exklusiven Zugriff auf unsere Community durch eine native Integration auf crossmedialen Plattformen in den Bereichen Events, Wettbewerb, Verband und Nationalmannschaften. In diesen Bereichen bieten wir von der Bandenwerbung, Clip im Stream, bis zum Titelpatronat der Liga oder Meisterschaft vielfältige Werbeflächen. Wir arbeiten derzeit zudem daran ein ganzjährliches flächendeckendes Angebot im Bereich Streaming aufzubauen und verstärkt Bewegtbildcontent zu produzieren.
Detaillierte Pakete erstellen wir mit den Partnern individuell haben aber auch vorgefertigte Pakete.
Stadionwelt: Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie? Wo soll der Lacrosse-Sport in zehn Jahren in Deutschland stehen?
Krause: Wir arbeiten derzeit intensiv in den fünf Bereichen Nachwuchsarbeit, Breitensport, Spitzensport, Ehrenamt und Inklusion und sehen diese als zentrale Handlungsfelder sowie den Kern unserer gesellschaftlichen Verantwortung als Sportverband. Unser Motto lautet: „Einstiegshürden minimieren, Lacrosseerlebnis maximieren!“
Entsprechend unserem Strategiepapier zählen zu unseren Zielen die Aufnahme in den DOSB, Wachstum unserer Mitgliedschaft im Breiten- und Spitzensport, Jugend und Erwachsenenklassen, Schulen und Hochschulen, der Aufbau inklusiver Lacrossevarianten, sowie das erfolgreiche Abschneiden bei Europa- und Weltmeisterschaften. Wir möchten, dass Lacrosse 2028 in das Programm der Olympischen Spiele aufgenommen wird und unsere Nationalmannschaften als Teil von Team Deutschland in Los Angeles an den Start gehen. Wir möchten neben den Europameisterschaften 2022 in Hannover weitere internationale Spitzenevents nach Deutschland holen und unsere eigenen Eventformate wie die Nation Cups und Germany Lacrosse Convention weiterentwickeln. Wir möchten feste Partner finden, die mit uns zusammen unsere ambitionierten Ziele verfolgen und Teil unserer einzigartigen Community werden. Kurz um: Groß und Klein sollen einen barrierefreien Zugang zu einem spektakulären Sport bekommen, unsere Meisterschaften und Wettbewerbe crossmedial präsent sein und Lacrosse soll fester Teil der öffentlichen Sportlandschaft in Deutschland und der Welt werden. (Stadionwelt, 24.09.2021)
