Studie zur Digitalisierung im deutschen Profifußball
Die Hochschule für Angewandtes Management GmbH hat die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Profisport untersucht. Geleitet wurde die Studie von Prof. Dr. Katharina Schöttl.
Laut Prof Dr. Schöttl stellt die Digitalisierung einen der „Megatrends“ des 21. Jahrhunderts dar. „Als Megatrends werden laut Definition des Zukunftsinstituts Phänomene bezeichnet, die jeden Einzelnen betreffen und alle Ebenen der Gesellschaft umfassen“, erklärt die Professorin. Die Digitalisierung hat zudem insbesondere während der Corona-Pandemie einen Beitrag zur Aufrechterhaltung zahlreicher Strukturen, insbesondere im kommunikativen sowie im administrativen Bereich geleistet, so dass die Etablierung digitaler Strukturen an vielen Stellen beschleunigt wurde.
Die HAM untersuchte in Kooperation mit dem Internationalen Fußballinstitut, ob dieser Effekt auch im professionellen Sport zu finden ist. Dabei wurde am Beispiel des Profifußballs in Deutschland untersucht, welchen Einfluss die Corona-Krise auf digitale Kommunikationsstrukturen hat. Die mehrteilige Studie umfasste eine qualitative Befragung von 13 Führungskräften aus den Kommunikationsabteilungen der Erst- und Zweitligisten sowie eine quantitative und qualitative Auswertung der Social Media Beiträge (N=49.845) sämtlicher Vereine der ersten und zweiten Bundesliga im Zeitraum vom 22.02.2020 bis zum 13.06.2020.
Beschleunigung der Etablierung digitaler Strukturen für die Mitarbeiterkommunikation
„Zu den zentralen Ergebnissen der Untersuchung zählt, dass die pandemiebedingten Einschränkungen zu einer Beschleunigung der Etablierung digitaler Systeme der Mitarbeiterkommunikation geführt haben“, fasst Prof. Dr. Katharina Schöttl zusammen. Dabei seien insbesondere perspektivische Vorhaben, wie beispielsweise die bereichsübergreifende Installation von Videokonferenztools und Sharepoint-Lösungen massiv beschleunigt und innerhalb kürzester Zeit eingeführt worden.
Verantwortungsvolle und unterhaltende digitale Fankommunikation
Hinsichtlich der externen Kommunikation (Fankommunikation und Aktivierung von Sponsorships) wurden seitens der Vereine neue Formate entwickelt, zunächst um die Fankommunikation während der Aussetzung des Spielbetriebs aufrecht zu erhalten und später um das Verbot von Zuschauern im Stadion zu kompensieren. Dabei hätte die zentrale Herausforderung insbesondere darin bestanden, einen kommunikativen Mittelweg zwischen den Themenfeldern „Gesellschaftliche Verantwortung & Gesundheitsschutz“ aber gleichzeitig auch „Sehnsucht nach Rückkehr der Fans in die Stadien“ zu finden sowie den Kanälen sowohl einen informativen als auch unterhaltenden Charakter zu verleihen.
Während der Aussetzung des Spielbetriebs wurden dabei insbesondere Themen wie Rückblicke, soziales Engagement, AHA-Regeln, Sporttipps für zuhause, Esport-Challenges und Kinderprogramme herangezogen, um die Fankommunikation aufrecht zu erhalten, wobei die Auswertung der Beiträge zeigt, dass keines dieser Formate die Interaktionen und Reichweiten der Beiträge von Spieltagen erreichen kann. „Als weitere zentrale Herausforderung wurde seitens der Experten benannt, dass diese größtenteils neuen Formate entwickelt werden mussten, während gleichzeitig zahlreiche Mitarbeiter sich in Kurzarbeit befanden“, erläutert Prof. Dr. Schöttl.
Das Format der Einblicke ins Privatleben der Spieler ist laut den Studienergebnissenseitens der Vereine unterschiedlich eingesetzt worden. Während einige Clubs der virtuellen Community über „Homestories“, Takeovers etc. bewusst mehr Einblicke in das Privatleben der Profis gaben, haben sich insbesondere die Vereine mit Corona-Fällen innerhalb der Mannschaft zu der Strategie entschieden, die Mannschaft bewusst aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu nehmen.
Erweiterung der digitalen Spielberichterstattung
Die Studie zeigt zudem, dass nach Restart des Spielbetriebes in erster Linie die Berichterstattung rund um die Spieltage anhand von Live Shows vor Anpfiff, durch umfangreichere Liveberichterstattung mittels Fanradios und Liveticker sowie per Interviewformate via Videocall erweitert wurde. Als zentrale Herausforderung bei dem Vorhaben, die digitale Berichterstattung zu den Spieltagen zu erweitern, benannten die Experten mehrheitlich die Tatsache, dass die Content-Produktion durch die Auflagen des Hygienekonzeptes stark eingeschränkt war, da deutlich weniger Mitarbeiter als regulär vor Ort zugelassen waren.
Bei der Auswertung der Social-Media-Kanäle identifizierte die hier beschriebene Studie, dass die digitale Fanaktivität während der Aussetzung des Spielbetriebs deutlich unter das Niveau der Vormonate mit regulärem Spielbetrieb fiel. Nach der Aufnahme der Geisterspiele ist dagegen die Fanaktivität sogar leicht über das Ausgangsniveau gestiegen.
Bewusste Entscheidung gegen künstliche Stimmung in den Stadien
„Einigkeit bestand ebenfalls hinsichtlich der bewussten Entscheidung gegen künstliche Stimmung in den Stadien während der Geisterspielphasen“, sagt Prof. Dr. Schöttl. Neben der grundsätzlichen Entscheidung der DFL sowie vielen technischen Hürden, hätte das bedeutendste Argument auf Seite der Vereinsverantwortlichen darin gelegen, dass den Fans in keinster Weise der Eindruck vermittelt werden sollte, sie wären durch Robotik oder technische Applikationen auch nur annährend ersetzbar.
Digitale Kompensationslösungen für die Integration von Sponsoren
Hinsichtlich der Aktivierung der Sponsorenleistungen wurden laut der Studie zahlreiche Kompensationsleistungen seitens der Vereine entwickelt, um die vertraglichen Pflichten erfüllen zu können. Grundsätzlich haben alle Experten die zwangsläufige Verpflichtung, Sponsoren digital zu integrieren benannt, um die sonst nicht erbrachte Leistung zu kompensieren. Dennoch soll knapp die Hälfte der Befragten betont haben, dass die Nachfrage zu digitaler Sponsorenintegration bereits vor der Krise steigend war und die Phase zudem auch genutzt werden konnte, um Skeptikern digitale Formate der Sponsorenintegration näher zu bringen. Auch hier hätten vier Experten die beschleunigende Wirkung benannt, die von den pandemiebedingten Einschränkungen ausgelöst wurde.
Prof. Dr. Schöttl resümiert: „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Corona-Krise hinsichtlich der digitalen Kommunikation im Profisport in erster Linie eine beschleunigende Wirkung aufweist. Dies betrifft sowohl die Akzeptanz gegenüber Formaten und Strukturen seitens Mitarbeitern, Fans und Sponsoren als auch die operative Umsetzung auf Seite der Vereine.“ (Stadionwelt, 22.02.2021)
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